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Dienstag 3. Juni 2008

Für das ordnungsgemäße Funktionieren eines Staates muß man turnusgemäß einige Minister und Staatsräte füsilieren...
Otto Eduard Leopold Fürst von Bismarck

 

Kaffeekränzchen im Innenministerium

Einige Angehörige der Telekom können nun auch zum Thema Datenschutz ein Lidl singen… Ein interessantes Fundstück hierzu gab es auf „Spiegel Online“:

Hamster

Schäuble lehnt härtere Gesetze ab

Die Konferenz sollte Entschlossenheit demonstrieren: Mehr als zwei Stunden berieten Beamte des Innenministeriums und Vertreter der Telefonkonzerne über die Spitzelaffäre der Telekom. Doch das Ergebnis blieb vage – Minister Schäuble lehnt eine Gesetzesverschärfung ab.

Nanu? Minister Schäuble ist mal nicht für eine Gesetzesverschärfung? Das erzeugt Spannung. Worum ging es überhaupt?

Die Telekom hat die Tatsache missbraucht, dass sie an der Quelle sitzt, was Tele­kommu­ni­ka­tion angeht. Ihre Mitarbeiter und ihre Aufsichtsräte sind größtenteils auch ihre Kunden, genauso wie sehr viele andere Deutsche auch. Wenn nun die Telekom ihre Kunden be­spit­zelt, so ist das nicht legal. Nicht nur unappetitlich: Illegal. Bei einem ehemaligen(?) Staats­unter­nehmen wiegt, zumindest gefühlt, dieses Vergehen doppelt. Mindestens gefühlte 2,0 auf der nach unten bodenlosen Lidlskala.

Jeder hat wohl Verständnis dafür, dass eine Aktiengesellschaft es nicht kampflos hinnehmen wird, wenn sie in ihren eigenen Reihen Verräter hat, die geheime Informationen aus­plau­dern. Diese zu finden heiligt also viele Mittel, aber eben keine Straftaten, und eine solche wurde hier begangen. Dass dies von „ganz oben“ angeordnet war, macht es nicht besser. Aber auch nicht schlimmer – es bleibt einfach eine Straftat. Zum „Skandal“ kann sie erst werden, wenn sie nur halbherzig verfolgt wird.

Was nun folgte, wirkt auf den ersten Blick wie blinder Aktionismus. Das Innen­mini­sterium lud „die Branche“ ein. Es kamen: Verbände, Lobbyisten und Herr Obermann von der Telekom. Eine Einladung also zu Kaffee und Plätzchen, wie Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminal­beamter (BDK), diese Veranstaltung nannte und so etwas als „reine Schau­fenster­politik“ bezeichnete.

Nicht teil nahmen die Chefs von E-Plus, Vodafone, O2 und Arcor. Aber so wichtig war es ja denn doch nicht, denn Herr Schäuble nahm auch nicht teil, der liess sich laut Spiegel von Herrn Obermann telephonisch briefen. Fassen wir zusammen: Jemand bei der Telekom bricht ein Gesetz, die Branche diskutiert über eine Verschärfung des Daten­schutzes. Das Ganze findet statt im Innen­mini­sterium des Herrn Schäuble, also aus­ge­rechnet im Hoheits­bereich eines Mannes, der nicht als oberster Daten­schützer in die Geschichte eingehen wird. Niemand ist sonderlich erstaunt, dass diese Veranstaltung keine überraschenden Er­kennt­nisse gebracht hat.

Schade, dass „die Branche“ die Gelegen­heit nur halb­herzig genutzt hat, die Vorrats­daten­speicherungs­pläne des Herrn Schäuble und den Miss­brauch dieser Daten durch die Telekom in einen öffent­lich­keits­wirk­samen Zusammen­hang zu stellen. Dabei liegt das Problem auf der Hand: Die Daten, die hier missbraucht wurden, hätten früher nicht einmal gespeichert werden dürfen, geschweige denn nachträglich ausgewertet. Aber halt – wieso sollten die Branchenvertreter auch protestieren?

Es ist nämlich überhaupt kein Wunder, dass „die Branche“ kein Interesse an einer Ver­schärfung der Bestimmungen hat. Datenschutz liegt nicht im ureigenen Interesse der Tele­kommu­ni­ka­tion­sunter­nehmen, solange man ihn nicht als Ausrede verwenden kann, wenn man betimmten Aus­kunfts­pflichten entgehen will. Ansonsten ist Daten­schutz nur lästig und findet sich hauptsächlich in Risiko­berichten wieder. Öffentlich geäußerte Bedenken aus dieser Ecke gegen die Vorrats­daten­speicherung betrafen immer nur die entstehenden Kosten. Letzter übernimmt ja inzwischen groß­zügig das Ministerium. Also aus Haus­halts­mitteln. Also aus unser aller Steueraufkommen.

Also, Schattenboxen und Spiegelfechten. Reine Ablenkungsmanöver. Wozu hätte es auch härterer Gesetze bedurft? Niemand wird annehmen, dass hier eine Gesetzeslücke genutzt wurde. Allerdings wurde durchaus klar, inwieweit das Innenministerium mit seiner Vorrats­daten­speicherung den Bock zum Gärtner gemacht hat. Darüber täuscht so ein Kuschel­meeting hoffentlich niemanden hinweg. Oder, wie der Spiegel so hübsch titelt, eine

T-Stunde im Innenministerium

 

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