Feiger Angriff
Heute morgen hat sich einer feiger Angriff ereignet – die Piraten haben ein Polizeischiff unter ihre Kontrolle gebracht. Somit konnten sie mit dem Piratenschiff und dem Polizeischiff einen Bauernhof angreifen, der unweit der Küste liegt. Dort haben sie alle Tiere geschlachtet, die Menschen vertrieben, ein naheliegendes Krankenhaus verwüstet und alles mitgenommen, außer den Kranken.
Nachdem die Küste verwüstet und definitiv keine Tiere mehr zum Schlachten erreichbar waren, segelte die Flotte auf die hohe See, wo sie, man glaubt es kaum, alsbald der Arche Noah ansichtig wurden. Heißa, das waren viele Tiere zum Schlachten. Die geplünderte Arche schloß sich auch den Piraten an. Nach getaner Tat sahen sich die Piraten an und beschlossen, Prinzessin Lillifee sei nutzlos, die könne man eigentlich kielholen, und wäre nun nicht das Frühstück fertig gewesen, wer weiss, was die schrecklichen Legopiraten noch alles angestellt hätten. Man sieht: Wir hatten Besuch, von Kindern, genauer gesagt, von Buben, sonst hätte Lillifee noch eine Chance gehabt.
Für Kinder sind Piraten Helden. Sie berufen sich auf das Recht des Stärkeren, sind frei und tragen interessante Klamotten. Echte Piraten sind vermutlich einfach Verbrecher. Sie tragen schmutzige T-Shirts und sind allein aus Selbsterhaltungstrieb vermutlich genau keine Helden. Sie greifen nur Schwächere an und Papageien haben sie nur in den seltensten Fällen auf der Schulter.
Aber beschäftigt haben uns die Piraten immer schon, dazu muß man nicht an der Küste wohnen. Nun sind die Bayern kein ausgesprochenes Seeräubervolk, da gibt es eindeutigere Kandidaten. In noch nicht ganz verjährten Zeiten waren wohl die Engländer das Volk, das die Piraterie als gewöhnliches und durchaus ehrenhaftes Gewerbe ansahen.
Das kann man schön belegen. Von lateinisch prendere, nehmen, stammt mit kleinen Umwegen die Prise. Mag der Bayer nun schon wieder ganz landrattengemäß an Schmalzler denken (Host a Prisn?), so denkt der Freibeuter an den Begriff für die Beute aus dem aufgebrachten Schiff. Eben das, was man nimmt. Nachdem man es geentert hat. Und voilà, fertig ist der Ausdruck enterprise. Und wir sehen: Die britische Auffassung von Unternehmergeist trägt noch heute die schwarze Augenklappe.
Die Engländer teilten die Piraten geschickt auf, in Kaperfahrer und in Seeräuber. Erstere waren quasi staatlich legitimiert, durch Kaperbriefe, letztere waren weiter Verbrecher. Das hatte natürlich, historisch betrachtet, einen tiefen Sinn. Für die Engländer waren die Spanier das, was für die Griechen die Perser waren: Die ständige Untergangsdrohung. Daher war es für Elizabeth I jedes Mal eine besonders gute Nachricht, wenn wieder eine spanische Galeone von Leuten wie Sir Francis Drake aufgebracht wurde und das spanische Silber nicht nur nicht in Madrid ankam, sondern teilweise sogar in London. Drake überfiel allerdings viel lieber Fregatten als Galeonen, und er war meistens selbst auch nur auf Schaluppen unterwegs. Ein Stil, mit dem er heute vor der somalischen Küste auch nicht gleich aufgefallen wäre.
Aber die Briten waren nicht die ersten, die in Piraten Unternehmer sahen. Die Griechen, auch eine große Seefahrernation, haben sogar das Wort geliefert. Πειρατῆς (peiratés) nannten schon die Griechen die Seeräuber, der lateinische pirata hatte es nicht mehr weit bis zur Neuzeit. Das griechische Wort kam allerdings von πειράομαι, ich versuche etwas, ich wage, ich unternehme etwas. Nach einem reinen Verbrecher hört sich das nicht an. Die Römer sahen das anders. Für sie trieben die Seeräuber kein Geschäft, sondern ein Unwesen. Sprachlich ist das bis heute so. Aber den Römern waren ja alle suspekt, die sich auf dem Meer wohlfühlten. Und sie waren Gnaeus Pompeius sicher dankbar, dass er sie 67 vor Christus von den kilikischen Seeräubern der Antike befreite. Wo Kilikien liegt? Zypern zeigt heute noch anklagend mit dem Finger drauf…
Seeräuber gibt es wohl, seit es Seefahrt gibt. Auffallend die Vielzahl an Synonymen. Was gibt es denn außer Seeräubern, Piraten und Freibeuter noch?
Filibuster
Den hatten wird schon. War nur nicht gleich zu sehen: Filibuster kommt von spanisch filibustero. Das wiederum kommt von frz. flibustier, und das, man möchte es kaum glauben, ist niederländisch vrijbuiter. Das spricht sich „Freibauter“ und ist niemand geringeres als unser altbekannter Freibeuter, mit dem Klabauter nicht verwandt.
Kaperfahrer
Und wenn die Kaperfahrer auch mehrfach das Kap der guten Hoffnung und Kap Hoorn umrunden, die Kaps haben den Namen vom lateinischen caput, dem Kopf. Auch wenn sie gerne Kapern essen mögen sollten, die wiederum kommen ursprünglich aus dem Griechischen und müssten eigentlich Kappern heißen (wissenschaftlich Capparis spinosa). Nein, kapern kommt fast ohne Umweg direkt aus dem Lateinischen: capere heißt „fangen“. Manche behaupten auch, es käme von Altfriesisch kapia – „kaufen“. Als Nicht-Sprachwissenschaftler habe ich den Mut, das anzuzweifeln. KAUFEN? Ist wohl genau das Gegenteil von Kapern.
Bukanier
Die karibischen Ariwaken räucherten Fleisch auf einem Grill, der auf indianisch bukan hieß. Das übernahmen die französischen Seeräuber, die von Hispaniola aus auf die Schildkröteninsel flohen und dort einen netten kleinen Seeräuberstützpunkt aufmachten, zusammen mit inzwischen hinzugestoßenen Engländern und Holländern. Ob sie sich selbst boucaniers und auf englisch buccaneers nannten, entzieht sich meiner Kenntnis, es könnte auch ein Spitzname gewesen sein. Bald jedenfalls war der Begriff nicht mehr auf die Schildkröteninsel (span. Tortuga, gehört heute zu Haiti) beschränkt. Zeitweilig bezeichnete er sogar eine besondere Klasse von Piraten, zumindest, wenn man Wikipedia trauen kann:
Als Unterscheidungsmerkmal wird hier häufig das Besitzverhältnis am Schiff herangezogen. Nach dieser Unterscheidung fuhren Freibeuter auf Schiffen die ihrem jeweiligen Landesherrn gehörten, Bukanier-Schiffe hatten als Eigner Gouverneure (z.B. von Jamaika) und Aktionäre, während Piraten selbst Herr über ihre Schiffe waren.
Man sieht, es geht zu wie bei den Banken. Manche gehören dem Staat, manche ihren Aktionären, aber die besten sind immer noch die, die von Privatbankiers geführt werden.
Korsar
Die Korsen sind unschuldig. Naja, nicht ganz, auf Korsika gab es jede Menge Seeräuber. Aber die Korsaren haben nichts mit Korsika zu tun. Ihr Name kommt von lat. currere, laufen. Nun kann man heute noch „einen Lauf haben“, wenn alles gut läuft, und so löste in der Spätantike der cursarius den pirata sprachlich immer wieder ab. Aber erst unter den nordafrikanischen Barbaren, später kürzer als Berber bezeichnet, kam der Begriff zur Blüte. Die Spanier hatten die Mauren vertrieben, welche sich wiederum in Nordafrika ein neues Geschäft aufbauen mußten. Da kam ihnen zugute, dass Seeräuberei ehrenhaft war, dass der Dschihad eine weitere Legitimation liefern konnte und dass man sich last but not least schnell unter die Fittiche des Osmanischen Reichs begeben hatte. Diese Kleptokratien, die sogenannten Barbareskenstaaten, lagen da, wo heute Algerien und Tunesien ist.
Vermutlich haben sie es irgendwann übertrieben. Im neunzehnten Jahrhundert kam sogar die US Navy zu Hilfe, als dem Korsarenunwesen im Mittelmeer ein Ende bereitet wurde. Den Mächten, die darauf Nordafrika rekolonialisierten, kam die Entwicklung sicher nicht ungelegen. Was man daran erkennt, dass sie sich gleich auch noch das völlig unschuldige Marokko unter den Nagel rissen. Aber staatliche Raubzüge sind per definitionem keine Piraterie.
Guter Trick
Montag 5. Januar 2009 um 09:35
„Was uns vor allem an dieser Stelle interessiert, sind die eigenartigen Menschen, die an der Spitze dieser Unternehmungen standen. Es sind kraftstrotzende, abenteuerlustige, sieggewohnte, brutale, habsüchtige Eroberer ganz großen Kalibers, wie sie seitdem immer mehr verschwunden sind. Diese genialen, und rücksichtlosen Seeräuber, wie sie namentlich England während des 16. Jahrhundters in reicher Fülle aufweist, sind aus dem selben Holz geschnitzt wie die Bandenführer in Italien, wie die Can Grande, Franzesco Sforza, Cesare Borgia, nur daß ihr Sinn stärker auf Erwerb von Gut und Geld ausgerichtet ist, daß sie dem kapitalistischen Unternehmer schon näher stehen als diese.
Männer, in denen sich die abenteuerliche Phantasie mit größter Tatkraft paarte […]; Männer mit höchsten Fähigkeiten zur Organisation und voll kindischen Aberglaubens. Mit einem Worte: Renaissancemenschen.“
aus: Werner Sombart, Der Bourgeois, Berlin 1913
Donnerstag 8. Januar 2009 um 22:30
[…] Die Piraten greifen nochmal an: Nachts vor dem Schlafzimmerfenster von Diana Golze und Horst Seehofer. Besser gesagt, vor den Schlafzimmerfenstern… […]