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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Donnerstag 24. Juni 2010

Mit Wasser wusch er ab seinen haarigen Leib: Er salbte sich mit Öl und wurde dadurch ein Mensch.
Gilgamesch-Epos

 

Advantage Gilgamesch

Tennis macht Spaß, wenn man es spielt und nicht zu oft danebenhaut. Spitzentennis hingegen läßt mich meistens kalt, wenn ich nur Zuschauer sein darf. Über Wimbledon jedoch weht eine gewisse Magie. Es ist, wenn man so will, das Stonehenge der Tenniswelt.

Jetzt scheine ich ein Match verpaßt zu haben, das man vielleicht gesehen haben hätte sollen. Während wir alle mit der deutschen Nationalmannschaft gegen Ghana fieberten (und davor und danach noch weiter), spielten der Franzose Nicolas Mahut und der Amerikaner John Isner das längste Match in der Tennisgeschichte. Allein der fünfte Satz war mit über sieben Stunden mehr als eine halbe Stunde länger als das bisher längste Spiel. Noch findet man das unter „Tennisrekorde“ bei Wikipedia, aber nicht mehr lange vermutlich, und daher kopiere ich das schnell zusätzlich hierher. Noch ist das neue Match nicht zuende. Beim Stand von 2:2 in Sätzen und beim Stand von 59:59 im fünften Satz wurde ein zweites Mal unterbrochen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anzeigetafel bereits ausgefallen, die kann nur bis 48 anzeigen. Hier also der alte Rekord:

Längstes Match in der Grand-Slam-Geschichte

Das bislang längste Spiel in einem Grand-Slam-Turnier bestritten Fabrice Santoro und Arnaud Clément (beide FRA) bei den French Open 2004. Die Spieldauer bis zum Sieg (6:4, 6:3, 6:7 (5:7), 3:6, und 16:14) von Santoro betrug, über zwei Tage (24./25. Mai) verteilt, 6 Stunden und 33 Minuten. Allein der entscheidende fünfte Satz dauerte 172 Minuten.

Und dieser beeindruckende Rekord wurde jetzt gebrochen. Kein Wunder, daß sich für die Fortsetzung bereits die Queen angesagt hat: Auch sie will nicht verpassen, wie das ausgeht.

Zwei Personen, die miteinander um den Sieg ringen, und die offensichtlich genau gleich stark sind. Ein starkes Motiv. Wo gab es das schon einmal? Richtig: Im Gilgamesch-Epos, einem der interessantesten Bücher, die die Menschheit je zuwegegebracht hat.

Gilgamesch ist der König von Uruk. Als solcher ist er auch zuständig, gelegentlich gegen Ungeheuer, Riesen und sonstige reichsbedrohende Wesen zu Felde zu ziehen. Im Gegensatz zur Neuzeit, wo alte Männer junge Männer in den Krieg schicken, war das damals noch persönliche Chefsache. Es hauste ein Wesen von ungeheurer Kraft in der Steppe. Sein Name war Enkidu. Gilgamesch war herausgefordert, ihn zu besiegen. Auch er war nicht gerade schwächlich. Der Kampf dauerte einen ganzen Tag und eine ganze Nacht (oder länger, je nach Quelle) und keiner konnte den anderen besiegen (jedenfalls sehr lange nicht, auch je nach Quelle). Daher legten sie sich schlafen und kämpften nach einer gewissen Pause weiter. Als sich abzeichnete, daß es wieder genauso laufen würde wie am Vortag und keiner den anderen wirklich besiegen könnte, sprach Gilgamesch zu Enkidu, dann bliebe ihnen ja gar nichts anderes übrig, als Freunde zu werden. Was sie dann auch wurden. Die besten Freunde, die man sich vorstellen kann.

Das alles kann man auf der zweiten Tafel nachlesen. Wie es weiterging, auf den restlichen. Nun, und als sie Freunde geworden waren, zogen sie zu zweit aus, um das Ungeheuer Chumbaba zu töten, was ihnen selbstredend mit links gelang. Mich hat diese Geschichte unbeschreiblich bewegt. Der Text ist viertausend Jahre alt, da steht so viel Kluges drin, das Geheimnis der Menschheit, die Hintergründe der Sintflut, sogar der Sinn des Lebens wird enthüllt. Das einzige, was wir an Erkenntnis dazugewonnen haben, ist das Internet.

Nicolas Mahut und John Isner sollten sich die Geschichte zu Herzen nehmen und in Zukunft zusammenarbeiten.

Möge Ishtars Segen auf ihnen ruhen.

Bildquelle: Seton Hall University

 

Ein Kommentar zu “Advantage Gilgamesch”

  1. Tim Cole sagt:

    Du hättest uns wenigstens noch den Sinn des Lebens laut Gilgamesch verraten können. Jetzt muss ich das ganze Buch selber lesen 🙁

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