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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Freitag 6. November 2009

Wer sich mit einem halben Sieg begnügt, handelt allzeit klug; denn immer verliert, wer einen Sieg bis zur Vernichtung des Gegners anstrebt.
Niccoló Machiavelli

 

Urheberrechte auf molossisch

492px-Pyrhhus_-_Ny_Carlsberg_Glyptotek,_Copenhagen,_Den.JPGAm Thema Urheberrechte scheiden sich die Geister, nicht erst seit der Erfindung des Internet. Auch hier in diesem Blog war schon viel dazu zu lesen, beispielsweise über den langen und teilweise verbissenen Kampf der Musikindustrie gegen sogenannte „Piraten“ und „Raubkopierer“. Ein großer Schlag schien gelungen, als im August die schwedische Justiz die Betreiber von „Pirate Bay“ zu drastischen Strafen verurteilte. Wobei „drastisch“ nicht reicht, das waren Strafen, die sich ein bis dahin unbescholtener Bürger mit kaum einem anderen Vergehen eingefangen hätte. Allerorten wurden hochbeglückte Musikmanager gesichtet, mit Champagnergläsern.

Ein überragender Sieg also? Was kaum berichtet wurde: Die Betreiber von Pirate Bay haben ja gar keine illegalen Inhalte gespeichert, nur Fundorte von Inhalten, deren teilweise Illegalität sie in Kauf genommen haben. Und vielleicht wäre ihnen nicht so viel passiert, wenn sie sich nicht ausgerechnet „Pirate Bay“ genannt hätten. Das war wohl provokant – und ich hoffe, ich irre mich, denn das hieße ja nichts anderes als daß sie für ihren Namen so drastisch bestraft wurden, quasi als freche Dissidenten. Im Umkehrschluß heißt das natürlich auch, daß mit der Löschung der Website der Piraten einfach die Lagerliste weggeworfen wurde. Die Inhalte sind aber alle noch da. Im Netz. Auf tausendenden Rechnern.

Die Software von Pirate Bay ist so gesehen nichts anderes als eine Suchmaschine. Eine gute, übrigens. So gut, daß sie gerettet wurde, obwohl das Gericht die Zerstörung angeordnet hatte. Kurz nach dem Urteil lagen Software und Indexdaten in vielen Kopien an vielen Stellen im Netz. Übrigens recht analog den Inhalten, zu denen der Zugang verhindert werden sollte.

Und somit gab es nach kürzester Zeit nicht mehr nur ein Pirate Bay, sondern ganz viele davon. Das hat auch der Anti­viren­soft­ware­her­steller McAfee beobachtet. In seiner vierteljährlichen Studie „McAfee Threat-Report“ auf Seite 13 wird von einem „Pirate-Bay-Effekt“ berichtet:

Wir beobachten die wachsende Beliebtheit von Webseiten, die verschiedenste Inhalte wie illegale Software oder urheberrechtliche geschützte Werke wie Filme und ähnliches hosten. Im Herbst 2008 stieg die Anzahl von Webseiten, über die illegale Anwendungen angeboten wurden, stark an (siehe Abbildung 16). Dazu können viele Faktoren beigetragen haben: die schlechte Wirtschaftslage, verbesserte Webseiten-Tools zum einfachen Veröffentlichen und Austauschen von Daten, die Jahreszeit, das aktuelle Kinoprogramm, u.v.m. Einen ähnlichen Anstieg beobachteten wir kurz vor Beginn des Kinosommers. Am auffälligsten war jedoch der sprunghaft gestiegene Höchstwert solcher Webseiten während der Stilllegung von The Pirate Bay.

Es scheint einfach so zu sein, daß vielen Menschen das freie Austauschen von Musik und anderen Inhalten schlicht wichtig ist. So wichtig, daß die eventuelle Strafbarkeit oder ethische Bedenken geringer erachtet werden als die persönlichen Nachteile im Falle der Abstinenz. Hieße nun, die Kopiererei zu ignorieren, sich dem Druck der Straße zu beugen, wie manche formulieren? Oder gibt es einen Grundbedarf an einfach zu erlangenden Inhalten, was ja auch ein Anzeichen für Kultur sein könnte? Und vielleicht ist das ja auch schon die Lösung, der legale Einkauf darf eben nicht viel schwieriger sein als das ggf. illegale „Saugen“. Guter Wille und neue ökonomische Modelle wären vermutlich recht erfolgreich.

Der „vernichtende Schlag“ war also ein Schlag ins Wasser. Schlägt man der Hydra einen Kopf ab, wachsen zwei nach. Und dennoch, mein Mitleid mit der Musikindustrie hält sich in Grenzen. Das liegt weniger daran, daß ich den Künstlern ihre Tantiemen nicht gönne – das Gegenteil ist der Fall – sondern eher daran, mit welchen Methoden die Musikindustrie ins Feld gezogen ist. Wären nur Bruchteile der Phantasie, die auf die Erschwerung der Tauscherei verwendet wurde, auf wirklich intelligente und moderne Konzepte verwendet worden, wäre das Problem nicht so gravierend.

Wie also nennen wir den „Sieg“ der Musikindustrie? Seit 279 vor Christus haben solche Siege einen Namen. Einem König der Molosser gelang es, immer wieder den Römern Niederlagen zu bereiten, aber jeder Sieg war mit solchen Verlusten verbunden, daß er, der Sieger, die besiegten Römer um Frieden bitten musste, den sie ihm noch nicht einmal gewährten, denn sie schätzten die Qualität seiner Siege ähnlich ein wie er. Er sagte, „noch so ein Sieg, und wir sind verloren“. Die Rede ist von jenem unglücklichen König Pyrros (lateinisch „Pyrrhus“) und seinen

Pyrrhus-Siegen

Photo: Henry Seutsan, via Wikipedia

 

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