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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Samstag 22. Mai 2010

Es ist im ganzen nicht zu glauben, wie schlau und erfinderisch die Menschen sind, um Entscheidungen aus dem Wege zu gehen.
Søren Aabye Kierkegaard

 

Störer wie Frau Lüneburch

Neulich haben wir uns ja Gedanken über Frau Lüneburch gemacht. Sie ist eine potentielle Störerin, weil sie weder willens noch in der Lage ist, ihr WLAN zu sichern. Vor mißbräuchlicher Nutzung. Aber ganz stimmt es ja nicht: Sie betreibt doch gar kein offenes WLAN. Nur ein ziemlich unsicheres. Und irgendwo verläuft hier noch eine feine Grenze.

Seit letztem Jahr wissen wir von der Leyenspieltheatertruppe (Stichwort „Zensursula„), daß es nur darum geht, irgendwas zu tun. Ob es sinnvoll ist, spielt eine untergeordnete Rolle. Also besser ein unsicheres Passwort als keines. Gut, hier stimmt es sogar, auch wenn es ein bisserl klingt wie „lieber fast totgeschlagen als ganz totgeschlagen“.

Aber es geht ja nicht um Mord und Totschlag. Es darf auch nicht um offen oder gesichert gehen, sondern nur darum, ob geeignete und zumutbare Maßnahmen getroffen werden. Und um die Folgen, was denn passieren muß, wenn diese Maßnahmen unterblieben waren. So gesehen ist es für Frau Lüneburch noch nicht vorbei.

Das böse, böse Netz

Das Internet ist ja auch un-heim-lich gefährlich. Sprengstoff und Schußwaffen darf man ja auch nicht einfach rumliegen lassen. Auch Autos nicht. Das klingt sinnvoll. Wer sein Auto unversperrt abstellt, muß damit rechnen, daß spielende Kinder beispielsweise damit Unfug treiben und sich und andere gefährden. Es müssen nicht Kinder sein. Was immer jemand mit meinem Auto anstellt, weil ich es nicht gesichert habe, muß ich mir möglicherweise auch vorwerfen lassen. Ist mir übrigens wirklich passiert. Mein Auto stand am Strassenrand und war nicht abgesperrt. Kinder haben sich reingesetzt und mit dem Fernlicht rumgespielt, das geht bei Peugots Baujahr 1968 auch bei ausgeschalteter Zündung. Das hat mich damals durchaus spürbare 20 Märker gekostet. Ich fühlte mich dennoch ungerecht behandelt, denn mein Auto war ein Cabrio und man konnte den Stift in der Tür einfach rausziehen, aber wenigstens habe ich damals für übersichtliches Geld eine Einführung in Gefährdungshaftung bekommen (und in die gelegentliche Sturschädeligkeit der Polizei).

Zurück zum Thema

Aber zurück aus dem rechtsfreien Raum des Straßenverkehrs in die wohlgeordneten Bahnen des Internet. Das Urteil des BGH (Nr. 101/2010) klingt salomonisch, aber es klärt die Frage nicht wirklich. Wenn man kein offenes WLAN betreiben darf, da dann ungehindert und unkontrolliert Dritte ein Netz mitbenutzen könnten, dann darf man auch kein schlecht gesichertes WLAN betreiben. Oder gar ein Netz anderen freiwillig zur Verfügung stellen. Ich denke an Internetcafés, an Starbucks und Konsorten, an prepaid SIM-Karten. Alle liefern ihren Nutzern eben diesen ungehinderten und unkontrollierten Zugang.

Oder man denkt doch wieder pragmatisch. Tatbeständen, die zwar eingeschätzt aber nicht beherrscht werden können, begegnet man am besten mit Augenmaß. Frau Lüneburch hat doch recht. Wer würde denn illegale Downloads im Gebüsch hinter einer Pension starten oder im Internetcafé? Viel zu umständlich. Wozu gibt es Anonymisierungsdienste? Das gilt auch für Leute, die böse Leserbriefe anonym über das Internet absetzen wollen. Sowas kann man alternativ sogar einfach per Post schicken. Anonym. Es kommt auch niemand auf die Idee, an den Briefkasten einen Menschen zu stellen, der von allen, die etwas einwerfen wollen,

die Ausweise registriert.

Bildquelle: www.bundesgerichtshof.de

 

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