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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Mittwoch 2. Juni 2010

Gewissen ist ein gefährlich Ding. Man kann nicht stehlen, ohne daß es einen anklagt; man kann nicht schwören, ohne daß es einen ins Stocken bringt. [...] Es ist ein verschämter, blöder Geist, der einem im Busen Aufruhr stiftet. Es hat mich einmal dahin gebracht, einen Beutel voll Gold wieder herzugeben, den ich von ungefähr gefunden hatte.
Pyrrhos, König der Molosser

 

Respekt, Herr Köhler

Im 15.  Jahrhundert schwor man in Aragon dem König diesen Treueeid:

„Wir, die so gut sind wie Ihr, schwören Euch, der nicht besser ist als wir, Euch als König und obersten Herrn anzunehmen, solange Ihr unsere Freiheiten und Gesetze achtet; wenn aber nicht, nicht.“

Na toll. Mag der eine oder andere dabei ins Schwärmen kommen und von dem Stolz der Granden fabulieren. Ich aber habe einfach das Gefühl, daß sich hier jemand zu wichtig genommen hat. Vielleicht bin ich aber auch zu hart. Dennoch: Ich würde unbedingte Treue verlangen. Dafür bekämen meine Bürger meine unbedingte und selbstlose Loyalität. Da dies in unserer Gesellschaft nicht möglich ist und ich derzeit nicht willens bin, meine Meinung zu ändern, stehe ich als Monarch nicht zur Verfügung.

Wir leben in einer anderen Gesellschaft. Bei uns stünde ich nicht mal als Bundespräsident zur Verfügung. Leider gilt das auch für den Mann, der dieses wichtige Amt bis vor kurzem innehatte. Erschüttert war ich von Horst Köhlers Begründung für seinen Rücktritt. Nicht ein Interview, das vielfach mißverstanden werden konnte. Das wäre ja auch kein Grund gewesen. Wer mißversteht, hat es vielleicht nur am Willen mangeln lassen, richtig zu verstehen.

Herr Köhler sagte, es sei das Amt, das durch die völlig überzogene Kritik an seinem Interview beschädigt würde. Hier bin ich anderer Meinung: Das Amt wurde bereits vorher beschädigt. Herr Köhler konnte es nicht beschützen. Niemand kann das mehr. Der Umgang, den wir miteinander pflegen, ist schlimm genug. Es ist der Mangel an Respekt, der alles verschlimmert. Wer unter Demokratie die Möglichkeit versteht, daß jeder eine Chance hat, ins Fernsehen zu kommen, wenn er sich nur genügend erniedrigt, braucht hier nicht weiter zu lesen. Er wird nicht verstehen, daß eine Gesellschaft Symbole braucht, an denen sie sich aufrichten kann und will.

Und wenn diese Symbole auch noch kluge Menschen sind, die einem das Gefühl geben, dass wirklich jemand über unsere Demokratie wacht, jemand, der verhindert, daß unsere teilweise völlig aus dem Ruder gelaufenen Parteien sich den Staat unter den Nagel reißen und ihn dabei voll Gleichgültigkeit ausplündern, dann war dies eines der Dinge, die mich bis vor kurzem noch richtig beruhigt haben. Vorbei. Herr Köhler hat aufgegeben. Es gibt so Ereignisse, die man nie vergisst. Wo man immer weiß, was man gemacht hat, als man das gehört hat. 9/11. Der Tsunami. Der Tod von John Lennon. Der Fall der Berliner Mauer. Und eben der Rücktritt von Horst Köhler. Er hat, genauer gesagt, sein Amt niedergelegt.

Eine Niederlage, ganz klar.

 

2 Kommentare zu “Respekt, Herr Köhler”

  1. Tobias B. sagt:

    Große Worte, welche mir aus der Seele sprechen.
    Großer Mann mit großen Taten pasé.
    Große Geister olé.
    Wobei die großen Geister wenig geistliches haben, sind sie eher die Geister die wir riefen…

  2. Wolf-Dieter sagt:

    Dass es Kritik sei, die das Amt beschädige, wie Herr Köhler argumentiert, ist falsch. Das Amt wurde beschädigt durch Nicht-Erfüllung der Pflichten; beispielsweise durch das Unterzeichnen verfassungswidriger Gesetze.

    Köhlers Rücktritt ist richtig. Seine Amtsführung war peinlich.

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