SvB-Blog

Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Archiv für März, 2015

Terry Pratchett ist tot

Erstellt von svb am 12. März 2015

Terry-Pratchett-c-David-Bird-280x300Sir Terry Pratchett ist tot. Das ist unsagbar traurig, auch wenn wir uns in aller Welt schon seit sieben Jahren darauf einstellen konnten. Vor sieben Jahren schon hieß es, er leide an Alzheimer und es werde keine Bücher mehr von ihm geben.

Das hat mich damals traurig gemacht und ich bin es heute noch. Seit der Nachricht vom Tod von Douglas Adams hat mich kein Tod eines Schriftstellers mehr so erschüttert. Das lag natürlich an seinen Büchern, denn persönlich gekannt habe ich ihn nicht, sieht man von einer Lesung ab, die ich das Glück hatte besuchen zu können.

Stellen wir uns noch einmal eine riesige Schildkröte vor, auf deren Rücken vier Elefanten stehen, die eine Scheibe tragen: Die Scheibenwelt. Nur Terry Pratchett konnte das so beschreiben, dass es weder albern noch konstruiert klang. Und wenn auf der Scheibenwelt die Kirche erbarmungslos alle Menschen verfolgt, die meinen, die Erde sei eine Scheibe, wo doch jeder weiss, sie ist eine Kugel, so hat man ein Bild im Kopf, das einen ein Leben lang nicht mehr verlässt. Dass man mit Trollen am besten im Kühlhaus diskutiert, denn nur dort sind sie intelligent, dass Ghoule ein Privatleben haben und dass der Schwarze Mann selbst von Ängsten geplagt ist, dieses Wissen verdanken wir ihm. Und eines der schönsten Wörter, die sich je jemand ausgedacht hat, ist das Inhumieren, eine Kunst, die von der Assassinengilde angewendet wird.

Bereits sein erstes Buch war grandios, da war er noch nicht berühmt, nicht einmal erwachsen. Es entstand aus der Überlegung, wie es sich wohl in einem Teppich lebt, wenn man winzig klein ist, und ist auf Deutsch unter dem Namen „Die Teppichvölker“ erschienen. Wenn die Helden von den roten Regionen zu den blauen wandern, wenn sie aus Angst vor etwas, das sich etwas wie ein Staubsauger anhört, abtauchen in die verfilzten Regionen, wo die Monster hausen, und wenn sie ein Kupfervorkommen abbauen, das sich bei näherer Betrachtung als Penny entpuppt, was aber den Protagonisten so unklar ist wie unglaubwürdig, dann wird klar, dass bereits dieses Buch allein für die Unsterblichkeit gelangt hätte.

Alle Helden bei Terry Pratchett sind auf eine unbeschreibliche Weise sympathisch, Hexen, Zauberer, sogar der Tod persönlich. Vermutlich haben sie das von ihrem Schöpfer geerbt.

 

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Herakles oder Odysseus?

Erstellt von svb am 12. März 2015

1024px-Giovanni_Battista_Tiepolo_052Die Lage in Griechenland spitzt sich zu. Was dort nun genau hinter den Kulissen abgeht, wissen wir nicht. Was wir aber beobachten, ist eine beispiellose Verrohung der Sitten. Ein griechisches Regierungsmitglied namens Paraskevopoulos (Παρασκευόπουλος) sorgt derzeit für Unruhe, da er Forderungen an diejenigen stellt, die gerade noch die Retter in der Not gespielt haben. Ich rede von uns. Der deutsche Humor hält sich in Grenzen, sehr hilfreich ist es nicht, was dieser Mann da macht, ganz unabhängig von der Frage, ob denn nun nach siebzig Jahren immer noch Forderungen der ehemaligen Kriegsgegner geprüft werden sollen. Das kann man tatsächlich so oder so sehen, und eine eindeutige Position fällt schwer.

Zurück zum griechischen Justizminister. Nikos heisst der Mann mit Vornamen, nach der Siegesgöttin Nike, aber siegreich wird er kaum sein. Sein Namensvetter Theodoros Paraskevopoulos (Theodoros: Das Gottesgeschenk) berät unterdessen die SYRIZA in Wirtschaftsfragen, und so kommt es laufend vor, daß deutsche Medien die beiden verwechseln. Paraskevi heißt übrigens Freitag und Pouli ist das Küken. Freitagsküken? Paraskevazome (παρασκευάζομαι) heisst vorbereitet sein bzw. sich vorbereiten. So kommt mit dem (Backgammon-)Spielstein Pouli (πούλι, nur eine Betonung vom Vögelchen entfernt) eine neue Bedeutung und der Mann bereitet seine Spielzüge vor. Das passt besser, hilft aber beides Griechenland nicht weiter.

Langsam mache ich mir Sorgen um Herrn Tzipras. Weiterlesen »

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Netzneutralität

Erstellt von svb am 6. März 2015

csm_server-bei-Nacht-querformat-Urheber-SpaceNet-AG_c5bbfb78bf„Netzneutralität“ – schon mal gehört? Vermutlich ja, aber wer weiß schon, worum es da geht? Liest man die Meldungen, erhält man ebenso schnell wie berechtigt den Eindruck, dass es vielen so geht: Kaum einer weiß, wovon wirklich die Rede ist. Das geht schon bei der Definition der Netzneutralität los – da gibt es nämlich keine neutrale Version.

Immer wieder gern genommen wird die Definition „Gleichbehandlung von Daten bei der Übertragung im Internet, unabhängig von Sender und Empfänger, dem Inhalt der Pakete und der Paketanwendung“. Das hört sich gut an. Das hört sich sogar so an, als ob es hier um Chancengleichheit ginge und dass, wer sich nicht daran hält, eine Art Digitalrassist oder schlimmer ist.

Datendiskriminierung und andere Mythen

Dem ist natürlich nicht so. Daten werden in den seltensten Fällen im Internet gleich behandelt. Das beginnt beim Sender: Gelangt ein (guter) Internetprovider zur Erkenntnis, dass sich gerade ein Angriff auf einen seiner Kunden vollzieht, so sperrt er, wenn möglich, die Senderadresse. Manuell oder automatisch, in jedem Fall aber nicht neutral im Sinne dieser Definition. Oder wir reden vom Inhalt der Pakete: Unsere Kunden bezahlen dafür, dass wir beispielsweise Viren in Datenpaketen „sehen“ und die Pakete verwerfen. Das ist schön für den Empfänger, aber sehr „diskriminierend“ für den Sender. Harmloser ist da schon die Paketanwendung: Ob eine Mail eine Sekunde früher oder später eintrifft merkt keiner. Aber bereits eine Verzögerung von 300 Millisekunden ist bei einer Telephonverbindung ein Mangel – im schlimmsten Fall versteht man den Partner nicht mehr oder das Gespräch bricht ab. Bei einem HD-Video, das gepuffert abgespielt wird, sind starke Schwankungen der Netzgüte völlig harmlos. Noch harmloser ist es, wenn der Film lediglich geladen wird, um später angesehen zu werden. Hier kommt es nicht einmal mehr auf Minuten an. Ganz anders wieder eine Videokonferenz: Hier sollte die Qualität nicht schwanken.

Ich denke, das klärt die Sache – es ist geradezu Merkmal eines guten Internetproviders, dass er das Netz optimiert. Verfolgt er damit keine wettbewerbsverzerrenden Absichten, ist alles in Ordnung. Dazu weiter unten jedoch mehr.

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