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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Mittwoch 21. Mai 2008

Politik ist die Wissenschaft, den Bürgern mit verhältnismäßig geringer Mühe möglichst viel Gutes zu bescheren.
Abbé Ferdinando Galiani

 

Arm durch Verkehr

RadarfalleNein, so ist das nicht gemeint. Man könnte es denken, aber hier geht es um den Verkehr, an dem man so richtig erst aktiv ab 18 teilnehmen darf. Nämlich sobald man autofahren darf. Und es geht um Armut, von der hört man schon wieder so viel, aber dazu wurde hier bereits genug gesagt. Reizvoll nun die Kombination, zu finden in der Netzeitung:

Verkehrsrowdys droht neue Armut

Bald gibt es noch mehr Gründe, sich an die Straßenverkehrordnung zu halten: 80 Euro drohen für 21 Stundenkilometer  Geschwindigkeitsüberschreitung. Bei größeren Vergehen sind bis zu 3000 Euro Strafe möglich.
   Rasen, Drängeln und Fahren bei Rot wird künftig deutlich teurer. Voraussichtlich vom 1. Januar 2009 an wird das Bußgeld für zu schnelles Fahren im Regelfall um 60 Prozent erhöht. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch den von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) völlig überarbeiteten Bußgeld-Katalog für Verkehrssünder.

Also nicht der Bundesverkehrsminister ist völlig überarbeitet, sondern nur sein Katalog. 60 Prozent ist saftig, aber im internationalen Vergleich haben wir gegenüber Ordnungs­widrig­keiten im Strassen­verkehr immer noch Samt­hand­schuhe an. Bis jetzt kostete es 425 €, anstatt mit 30 mit über 100 km/h durch die Tempo 30-Zone zu fahren, zum Beispiel an einer Schule vorbei. Jetzt sind es 680 €. Natürlich nur inner­orts, außer­halb ist es billiger.

Das erscheint nun nicht übertrieben. Aber diese Meinung teilt nicht jeder. Da gibt es einen Politiker, einen gewissen Patrick Döring. Der wies darauf hin, dass es ohnehin immer nur darum gehe, die Autofahrer abzukassieren, so kam es jedenfalls über AP. Und dass es so dazu käme, dass viele Autofahrer finanziell überfordert seien. Daraus hat die Netzeitung also die Armutsüberschrift geschöpft.

Schön, dass also dieser Politiker sich Sorgen macht, dass Arme sich nun das Autofahren nicht mehr leisten können, jedenfalls nicht mehr die rücksichtslose Variante. Übrigens ist laut UN jemand arm, der weniger als zwei US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat. Laut WHO ist es noch ein US-Dollar. Und bei der Weltbank, genauer der IDA, der Internationalen Ent­wicklungs­organisation, sind es 150 Dollar pro Jahr, das wären dann keine 50ct. pro Tag. Klar, dass so jemand mit seinem Auto nur alle fünf Jahre mit hundert an einer Schule vorbeifahren kann. Was für ein surreali­sti­scher Unsinn!

Im Ernst: Wir können uns alle reich fühlen. Ein Volk, dessen Arme sich ein Auto leisten können, nur nicht das Rasen, Drängeln und Ignorieren von roten Ampeln. Aber das gefällt Herrn Döring nicht. Er schimpft weiter,

… es schade der Akzeptanz des  Rechtsstaats, wenn künftig Bußgelder im Straßenverkehr teils höher lägen als die sich am Einkommen der Täter orientierenden Strafgelder für Körperverletzung oder Ladendiebstahl.

Herr Döring findet also wirklich, dass ein Bagatelldelikt wie Ladendiebstahl härter bestraft werden müsse als rücksichtslose Egomanen, die sich nicht um andere Verkehrsteilnehmer scheren? Niemand wird guten Gewissens sagen können, dass er nicht gewusst habe, dass im Strassenverkehr Leute ums Leben kommen. Umgekehrt sind doch äußerst wenig Fälle von Ladendiebstahl mit Todesfolge aktenkundig geworden.

Und nun die Gretchenfrage: Welche Partei ist das also? Natürlich. Die F.D.P., obwohl es um Diskrimierung von Armen ging. Vermeintlich. Vorgeschoben. Der Wolf war bei den sieben Geißlein glaubwürdiger.

Links kann man sich nicht stellen, wenn man es nicht ist, das fliegt auf. Die echten Linken haben es so gemacht: Sie haben reflexartig gefordert, dass Bußgelder einkommensabhängig gestaffelt werden sollen. Da ist natürlich was dran. Auf diese Idee kommt man zum Beispiel, wenn man einen Porschefahrer dabei beobachtet, wie er seinen Strafzettel zerknüllt und auf die Strasse schnippt. Kann man in der St.-Anna-Strasse beinahe täglich beobachten. Über die Angleichung der Strafwirkung kann man also tatsächlich nachdenken, auch ohne diese merkwürdige Linkspartei. Das lenkt dann auch davon ab, dass man über die heutige F.D.P. nicht ohne Magenschmerzen nachdenken kann.

Und doch werde ich das Gefühl nicht los, dass die Polizei eh nicht an Schulen blitzen wird. Sie werden da blitzen, wo man sich gut verstecken kann. Oder wo man schnell viel Geld abschöpfen kann. Es gibt Vorgaben zu erfüllen. Und schon hätte dieser F.D.P.-Mann auch noch recht mit seiner Sorge um die Akzeptanz des Rechtsstaats.

Abgründe…

(Bildquelle: radarfalle.de)

 

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