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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Mittwoch 11. Februar 2009

Timeo Danaos et dona ferentes (Ich fürchte die Griechen, selbst ihre Geschenke)
Publius Vergilius Maro

 

Unsere Gaunerkultur

Riva degli SchiavoniWas haben Gauner, Sklaven und Schlawiner ge­mein­sam, wenn sie zum Ab­schied leise Servus sagen? Ihre Her­kunft ver­bindet sie, zu­min­dest geo­graphisch.

Was das soll? Es geht mal wieder um Sprache. Wo unsere Wörter her­kom­men, ist manch­mal wirk­lich ver­blüf­fend. Und von political correctness keine Spur. Munter werden Vor­urteile in Völker­namen und Völker­namen in Vor­urteile ver­packt.

Es gibt einen uralten slawischen Namen, Slavko, auch Slavo, die weib­liche Form ist Slavka, auch Slava. Der Name bedeutet „Ruhm“, auch heute noch in vielen gängigen slawischen Landes­sprachen, vor allem im Süden. Die alten Griechen kannten den Namen bereits. Na gut, nicht die ganz alten Griechen, aber die Byzantiner kannten den Sklabos, der als sclavus in Rom den servus ergänzte oder ersetzte. Der alt­römische servus konnte noch aus Africa, Germania, Gallia oder Asia minor stammen, der sclavus hin­gegen kam zunächst immer aus dem Nord­osten. Prakti­scher­weise nannte er sich selbst so. Und später wurde die Be­zeich­nung auf alle Sklaven angewendet. Viele Jahr­hun­derte durch war aber das Wort sclavus doppel­deutig, für Sklave und Slawe, auf Englisch slave und slav. Die frühen Italiener ver­wen­deten das Wort weiter, aus sclavus wurde schiavo, und man hat es schwer, wenn man ohne Kon­text wissen will, wer in Venedig an der riva degli schiavoni landete, Sklaven oder Schiffe aus dem nahen Dalmatien? Und ist der Schlawiner ein gerissener Diener oder doch einfach nur ein Slovene aus der k.u.k.-Monarchie?

Venedig ist natürlich immer für einen Sprachscherz gut, wie das Bild oben beweist, heißt doch einer der bekanntesten Venedig­maler aus­ge­rechnet Canaletto. Und woher kommt der Name Venedig? Von Venetia. Der ganze Veneto wiederum leitet sich ab von den bereits bei Tacitus erwähnten ‚Veneti‘. Bei Plinius heissen sie ‚Vendi‘. Wir Deutschen nannten aber alle Slawen auf Mittel­hoch­deutsch Wenden oder Winden. Der Kreis schließt sich an einer ver­blüf­fen­den Stelle, und eine Fahrt von Windisch-Gräz nach Deutsch-Wagram wird selbst­er­klärend.

Die Schiavi waren also Diener. (sono vostro) schiavo, g’schamster Diener. Daraus wurde in Venedig immer kürzer und kürzer irgend­wann ciau, das später als ciao als der italienische Gruß schlecht­hin in das all­gemeine Bewußt­sein eingehen sollte.

Mit dem gehorsamsten, also den g’schamsten Diener, sind wir endgültig in Österreich an­ge­kommen und bei dem Gruß „Servus“. Der im übrigen kein Abschieds­gruß ist, auch wenn das be­kannte Lied von Peter Kreuder sagt: „Sag beim Abschied leise ‚Servus'“, aus dem Film „Burgtheater“ von Willy Forst. Der Text ist von Hans J. Lengs­felder und Siegfried Tisch. Der eben­falls oft als Librettist benannte Harry Hilm war nur ein Freund der beiden, der (1934!) als Quoten­arier aus­half. Aber wenn man den ganzen Text liest, ist klar, daß es eben kein Abschieds­gruß ist, sonst ist der Text sinnlos:

Sag beim Abschied leise „Servus“ 
Nicht „Lebwohl“ und nicht „Adieu“ 
Diese Worte tun nur weh! 
Doch das kleine Wörterl „Servus“ 
Ist ein lieber letzter Gruß, 
Wenn man Abschied nehmen muss. 

Jetzt sind wir wieder bei den Sklaven, aber das ist ja bekannt. servus, der Diener, der Sklave. Aber wenn die Slawen und die Sklaven zu­sammen­hängen, wie verhält es sich dann mit den Serben und dem servus? Stecken da auch die Griechen dahinter, die alten Gauner?

Nun, dazu ist zu bemerken, das Wort „Griechen“ ist ja auch schon wieder so ein Miss­ver­ständ­nis. Die Griechen kennen sich unter dem Namen nicht. Wenn, dann sind sie Hellenen (Ἕλληνοι). Magna Graecia, „Groß­griechen­land“, nannten die Römer das von den Griechen besiedelte Süditalien. Daraus wurden unsere Griechen. Die biblischen Israeliten kannten die Griechen auch, aber weder als Griechen, noch als Hellenen: Sie waren die Ionier, und auch hier wurde, pars pro toto, aus יוון  (jawan) Griechen­land. Und gleichzeitig auch über das Rot­welsche (juonner) entstand das Wort Gauner. Und da wir unsere ganze Kultur von den alten Griechen ableiten, haben wir also

eine Gaunerkultur.

 

Ein Kommentar zu “Unsere Gaunerkultur”

  1. TC1066 sagt:

    Wie wir wissen trägt jede Hochblüte den Keim ihres Zerfalls in sich. Jetzt erklärt sich also auch der, allerdings unvermutet rasche, Niedergang unseres Gier-Kapitalismus…

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