Pharisäer
Ob es eine gute Idee war, die Pius-Brüder wieder zu inkommunizieren? Oder wie auch immer das Gegenteil von Exkommunizieren heißt… Vielleicht auch Exexkommunizieren? Ja, also ob das eine gute Idee ist oder nicht, dazu könnte ich privat eine Meinung haben, öffentlich äußern werde ich sie sicher nicht. Es erscheint mir unangemessen. Wer nicht katholisch ist, aber dem Papst erklären will, wie man Gottes Stellvertreter auf Erden geben soll, ist doch einfach nur anmaßend. Und wer katholisch ist und meint, es besser zu können als der Papst, hat erst recht ein Problem.
Nun hat es dem Papst also gefallen, merkwürdige Menschen wieder in den Schoß von Mutter Kirche aufzunehmen. Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Ich kommentiere das nicht. Einer dieser Menschen hat öffentlich ein Tabu verletzt: Er mußte sich ja unbedingt als Holocaust-Leugner outen. Das ist sicher unpassend, da es sich um einen Bischof handelt, der sich doch seiner Vorbildfunktion stets bewußt sein sollte. Und es ist, wie wir alle wissen, eine Straftat. Ihn nicht als Bischof weiter wirken zu lassen, ist vermutlich eine gute Idee. Reines Gedankenspiel, denn selbst wenn ich der Meinung wäre, das sei unumgänglich, werde ich das nicht fordern. Siehe oben.
Aber gefordert wird. Und zwar die Rücknahme der Rücknahme der Exkommunikation. Oder die Exexexkommunikation? Von unterschiedlichen Seiten, eben wegen dieses Tabubruchs. Aber Exkommunikation ist eine Kirchenstrafe. Die Schwere der Schuld nach irdischen Gesichtspunkten spielt keine Rolle. Das ist leicht einzusehen: Es wiegt doch zweifelsohne erheblich schwerer, Menschen zu ermorden oder auch „nur“, sie ernsthaft zu verletzen, als gegen §130 StGB zu verstoßen. Wer hier von einer Ungeheuerlichkeit spricht, die nicht anders als durch Ausstoß aus der Gemeinschaft der Christen geahndet werden kann, für den haben die Christen im Neuen Testament eine Bezeichnung geliefert bekommen: Pharisäer.
Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht in das Reich der Himmel kommen. (Mat 5:20)
Dabei ist die Gleichsetzung von „Pharisäern“ mit „Selbstgerechten“ und „Heuchlern“ durchaus auch nicht unproblematisch, wie man bei Wikipedia zum Thema „Pharisäer“ lesen kann. Und der Pharisäer ist doch in erster Linie ein köstliches Getränk…
Doch zurück zu ernsteren Themen. Mörder, Vergewaltiger und Räuber zu exkommunizieren fordert niemand, im Gegenteil, es ist Aufgabe der Kirche, Sünder zu bekehren. Bezeichnenderweise waren die Pius-Brüder (diese despektierliche Bezeichnung gefällt mir) ja für etwas ganz anderes exkommuniziert worden. Was in der Berichterstattung vielleicht ein wenig zu kurz kommt.
Kommen wir also endlich zum Glauben: Ich kann nur sagen, ich glaube, was man mir erzählt. Ich fühle mich aber bedrängt, wenn mir jemand verbietet, daran zu zweifeln. Nicht, daß ich das wollte. Oder exakt: Ich will zweifeln dürfen. Das ist etwas anderes als „Ich will zweifeln“.
Ich rede nicht von Gott. Ich rede vom Dritten Reich. Ich kann nicht sagen, ich weiß, was im Dritten Reich passiert ist, aber ich glaube, was ich in der Schule gelernt habe. Hätte ich Zweifel an Gott oder meiner Religion, wäre die irdische Gerichtsbarkeit an mir uninteressiert, im Gegensatz zu einem Verstoß gegen §130. So ändern sich die Zeiten, aber gegen Leugner und Zweifler vorzugehen, ist heute einfach nicht mehr
die Aufgabe der Heiligen Inquisition…
Bildquelle: www.passionsspiel.de.
Mittwoch 4. Februar 2009 um 22:40
Apropos besser können als der Papst:
Adenauer ist zur Audienz beim Papst. Die beiden Oberhäupter ziehen sich zurück und eine Weile passiert nichts. Als die Audienz bereits eine Stunde andauert,wird der Kardinalkammerherr etwas nervös, will aber nicht stören. Nach Ablauf einer weiteren Stunde kann er sich wirklich nicht mehr beherrschen und wagt einen Blick durch das Schlüsselloch. Und was sieht er?
Der Papst kniet vor seinem Besuch und ruft flehend: „Aber Herr Kanzler, ich BIN doch schon katholisch!“