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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Sonntag 30. August 2009

Das Ziel muß man früher kennen als die Bahn.
Jean Paul

 

Fahr lieber mit der Bundesbahn

800px-Deutsche_Bundesbahn.svgBundesbahn! Verheißungsvolles Tor zur Welt. Der Münchener Hauptbahnhof mit seinem typischen Geruch nach Rauch, Öl und Metall. Ja, Rauch, eine Dampflok pro Tag reichte für den Geruch. Als Kinder waren wir grundsätzlich mit der Bahn in den Urlaub gefahren, typischerweise an die Nordsee: Ein ganzes Abteil, nur für unsere Familie, grundsätzlich ging es abends los. Im Schlafwagen konnte man herrlich schlafen, und morgens waren wir dann schon fast da. Diese Art zu Reisen wollten wir wiederholen.

Ach, die Bahn ist nicht mehr das, was sie mal war, zumindest in Deutschland. Das beginnt damit, daß es die meisten Ziele meiner Jugend nicht mehr gibt. Das heißt, es gibt sie schon, aber die Bahn fährt nicht mehr hin. Aber was soll’s, dafür kann man jetzt mit der Bahn ohne Visum ganz neue Ziele ansteuern: Ahlbeck auf Usedom sollte es sein. Das mit der Fahrkarte ist ebenfalls nicht so einfach wie früher. Früher sagte man Ahlbeck bitte, hin und zurück, zwei Erwachsene, drei Kinder. Man mußte sich nur noch entscheiden, ob 1. oder 2. Klasse, Schlaf- oder Liegewagen. Allfällige Zuschläge konnte der Schalterbeamte selbst noch ausrechnen, fertig.

Heute ist das alles nicht so einfach. Nicht „Karte kaufen und los geht’s“. Wer den Listenpreis bezahlt, ist inzwischen bekanntlich ein bißchen lebensuntüchtig. Echte Preisfüchse fahren beinahe umsonst. Gewußt wie, diese Welt gehört den Schlauen. Der Mann am Schalter kennt sich auch nicht mehr aus, aber er nimmt die Herausforderung an. Die schüchterne Frage nach rosarotem Wochenende wird mit einem mitleidigen Blick beschieden – offensichtlich haben wir uns als Menschen geoutet, die im letzten Jahrhundert schon erwachsen waren. Dieses Produkt gibt es schon lang nicht mehr.

Nach einigem Stirnrunzeln gab es dann doch ein maßgeschneidertes Angebot – etwa so komplex wie ein Angebot für ein neues Auto. Lustige Tricks hatte er drauf, der Schalterbeamte, oder inzwischen „Angehörige des Servicepersonals“. Zum Beispiel mußten wir eine Bahncard kaufen, obwohl wir nur dieses eine Mal fahren wollten. Aber die wirklich lohnende Kinderermäßigung gibt es nur für Stammkunden – und nur Bahncardbesitzer sind Stammkunden. Auch wenn sie nur einmal fahren? Na gut, machen wir, wo ist der Haken? Es gab einen Haken, dazu später mehr.

Verschiedene Bahngesellschaften betreiben die Strecke von München nach Usedom, was bedeutet, daß man hinter Berlin nicht mehr reservieren kann. Schlafwagen gibt es noch, Kurswagen scheinen aus der Mode gekommen zu sein, also Umsteigen, Umsteigen, Umsteigen.

Trotzdem, Bahnfahren. Urlaub wie früher. Nun gut, das Gepäck muß man heute selbst mitschleppen, früher konnte man das am Vorabend aufgeben. Oder sogar holen lassen. Am Zielort wurde es ins Hotel gebracht, manchmal erst einige Stunden später. Über sowas hat man sich früher aufgeregt. Heute kommt der ganze Zug typischerweise später.

Aber nichts konnte unseren festen Entschluß ins Wanken bringen, diese Reise zu genießen. Wir vermieden stundenlanges Stehen im Stau. Na gut, dafür hatten wir stundenlanges Herumsitzen im Berliner Bahnhof. Wo der Anschlußzug auch nicht da abging, wo er sollte. Hätte man den Infoscreens entnehmen können, aber es sollte doch ein Retrourlaub sein, keiner hatte diese Screens gelesen. Was ist aus den guten alten unverständlichen Ansagen per Lautsprecher geworden…

Apropos Lautsprecher. Früher hieß es  ja auch noch „Bitte einsteigen und die Türen schließen!“ Heute schließen sich die Türen von selbst, aber es heißt „Zurückbleiben!!!“ Ja, drei Ausrufezeichen, ich höre das ganz deutlich.

Früher war also alles besser? Oh mein Gott, ich höre mich an wie mein Großvater. Doch halt. Es gibt einen Beweis. Ein „Dokumentarfilm“ über die Bundesbahn, wobei ich das Lied noch auf einer Schallplatte von daheim kenne. Daß es dazu einen Film gibt, war für mich überraschend. Heute gibt es es das Internet und so können alle dran teilhaben. Voilá, fahr‘ lieber mit der Bundesbahn:

 

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