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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Freitag 28. Januar 2011

Charme ist die Gabe, den anderen vergessen zu lassen, daß er aussieht wie er aussieht.
aus Frankreich

 

Auftragslover

Der Titel des Films „Der Auftragslover“ setzt eine verhängnisvolle Tradition der deutschen Kinowelt fort. Was man nicht übersetzen kann oder will, dem gibt man einen nichtssagenden Titel. Die Aufgabe war dieses mal allerdings wirklich herausfordernd, im Original heißt der Film nämlich L’arnacœur. Das ist eine Mischung aus arnaqueur (Betrüger) und cœur (Herz). So gesehen ist es fast erleichternd, daß niemand „Herzbube“ draus gemacht hat. Dann wäre ich sicher nicht in den Film gegangen und ich hätte sicher was verpaßt.

Worum geht es? Abgefahrene Geschäftsideen gibt es zu Hauf, aber Alex (Romain Duris) hat wirklich eine ungewöhnliche Profession: Er bringt Paare auseinander, bei denen die Frau im Grunde ihres Herzens unglücklich ist. Engagiert wird er, ohne das Wissen seiner Klientinnen, von liebenden Geschwistern, Freunden, Eltern der zur Vernunft zu bringenden Frau. Seinen Job macht er, indem er sich einfach zunächst mal gut vorbereitet: Er kennt die Vorlieben und Vorstellungen seiner „Opfer“ so gut, daß er sich nicht auf sein gutes Aussehen (soweit ich das beurteilen kann) verlassen muß. Für die perfekte Inszenierung hat er ein Team, bestehend aus seiner Schwester Mélanie (Julie Ferrier) und seinem Schwager Marc (François Damiens), die ihm bei Bedarf auch ein ganzes Beduinendorf hinstellen, nur weil eine Klientin von einem selbstlosen Arzt beeindruckt werden soll, der arme kirschäugige Kinder heilt und ganz nebenbei kostenlos zwei siamesische Zwillinge trennt. Ambulant.

Unglaubwürdig? Merkwürdigerweise nicht. Dafür äußerst amüsant. Klar, daß auch einmal etwas schiefgeht. Jonathan (Andrew Lincoln) sieht gut aus, ist reich, gebildet und liebenswürdig, trägt seine Braut Juliette (Vanessa Paradis) auf Händen. Es ist wirklich nichts gegen ihn zu sagen, und auch die Aussage, er sei etwas langweilig führt höchstens zu einem ungläubigen Aufseufzen der weiblichen Kinogängerinnen. Und doch, Juliettes Mafia-Vater (Jacques Frantz) ist der Meinung, dieser ideale Schwiegersohn sei unpassend für seine Tochter. Unlogisch? Nicht wirklich. Irgendwas stimmt nicht mit Juliette – mit ihrem Vater natürlich auch. Vielleicht darf die Welt nicht zu heil sein, um perfekt zu sein. Auf jeden Fall ist der Auftrag schwierig. Juliette und ihr Mr. Perfect treten auf wie ein Herz und eine Seele.

Der Rest ist vorhersehbar und dennoch spannend, rührend, komisch und sehr französisch. Vanessa Paradis ist eine Offenbarung. Ein Glück, daß sie keine Amerikanerin ist, sonst hätte sie sicher irgend etwas gegen ihre charakteristische Zahnlücke unternommen und auch sonst viel von ihrer Authentizität eingebüßt. Und genau die braucht sie, um in der ersten Hälfte des Films die glaubwürdige megacoole Superzicke hinzulegen, an der aber auch einfach alles abprallt, was der Profi auffährt, und bei diesem dennoch eher Begehren auslöst als Rachegelüste. Nun ja, französisch, wie gesagt.

Kurz: Anschauen lohnt sich!

Bilder von www.derauftragslover.de

 

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