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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Samstag 7. Mai 2011

Die Blumen haben ebensoviel Recht zu leben wie wir.
Albert Schweitzer

 

Männer und Blumen

Morgen ist es wieder so weit. Muttertag. Es macht Spaß, der Mutter seiner Kinder oder auch der eigenen Mutter eine besondere Freude zu machen, indem man sich mal um die Dinge kümmert, die sonst so prima funktionieren, daß man sie kaum noch wahrnimmt. Also Essen herrichten, Kinder bespaßen, Verwöhnprogramm starten.

Keine schlechte Einrichtung. Das macht auch Männern Spaß. Mit einer Einschränkung. Alle Männer wissen, wovon ich rede: Es müssen Blumen gekauft werden, der vermutlich sinnloseste Akt nach der Erfindung des Rasierapparats. Das beginnt schon bei der Planung. Muttertag ist immer am Sonntag. Da haben die Blumengeschäfte zwar häufig auf, aber nicht dann, wenn man hingehen will. Und man hätte vorbestellen sollen. Wenn man eh vorbestellen muss, kann man das Grünzeug ja schon vorher kaufen. Nur nicht zu früh, sonst erwarten einen schräge Blicke, wenn man sein rascheliges Gemüse präsentiert.

Also kauft man doch am besten Blumen, die ewig halten. Die kann man nächstes Jahr wiederverwenden. Frauen haben doch so viel übrig für Nachhaltigkeit. Gute Idee? Von wegen. Plastikblumen scheiden sowieso aus. Papierblumen sind höchstens geeignet, außen an Geschenke drangehängt zu werden, Deko also. Seiden- oder Strohblumen sind schöner, aber eben auch Deko. Das zählt alles nicht als Blume.

Blumen müssen was Lebendiges sein. Na gut, was ist mit einem hübsche Kaktus? Finger weg! Kakteen kommen nicht gut an, auch wenn sie noch so tolle Blüten tragen. Dabei sind Kakteen so praktisch! Sie nehmen es nicht einmal übel, wenn man ein paar Wochen in Urlaub fährt. Aber Kakteen geht gar nicht. Woran das liegt? Keine Ahnung, Rosen haben auch Dornen und Maiglöckchen sind auch klein.

Also testet man den Erfolg einer blühenden Topfpflanze. Das Geschenk wird ein bisserl ungnädig akzeptiert. Schon wieder verkehrt. Nein, es muss ein Blumenstrauß sein. Schnittblumen. Sinnlose Investition, das Zeug hält mit Glück eine Woche, kostet aber soviel wie eine Flasche von edlem Hochprozentigem, was viel länger hält (nicht immer, na gut).

So sei es, Schnittblumen also. Wo gibt es die? An der Tankstelle – prima Sache. Nur schauen leider Tankstellenblumen aus wie Tankstellenblumen – die Frauen sehen das sofort. Das gilt auch für Tengelmannware, obwohl man damit schon gelegentlich recht weit kommen kann. Nein, es muß aus einem Blumenladen kommen, einem jener little shops of horror, die sich immer wie aus dem Nichts mit Menschen füllen, wenn man eben schnell einen Strauß mitnehmen will. Es genügt, wenn nur einer vor uns an der Reihe ist – schon dauert es lange. Blumenläden sind Frauendomänen. Auch wenn man immer wieder Männer dort trifft, der typische Blumenladen wird von einer Frau betrieben. Einer Frau, die prompt nicht versteht, was man braucht.

„Was darf’s denn sein?“ – was für eine Frage. „Einen Blumenstrauß hätt‘ ich gern“. Genug gesagt, möchte man meinen, aber da geht der Horror erst los. „An was haben Sie denn da so gedacht?“ Mei, Blumen halt. So rote oder gelbe, von mir aus auch blaue. Nichts Überkandideltes. Aber halt – das ist doch nicht so schwer. „Morgen ist ja Muttertag, ich hätte gern was dem Anlass Angemessenes.“ Ratlosigkeit breitet sich auf dem Gesicht der Floristin aus. Ich ergänze hilfreich „Für meine Frau.“ Immer noch dieser leere Blick. „Ihre Lieblingsfarbe ist blau“ – nun sind wir wieder auf bekanntem Terrain. „Blau gibt es zur Zeit nichts. Wieviel wollten Sie denn ausgeben?“.

Das ist die Killerfrage schlechthin. Während mir meine Frau das Liebste und Teuerste ist, und ich ja extra hier bin, um Geld für Blumen zu versenken, ist die Kombination aus „ausgeben“ und „wollen“ recht gewagt. Ich nuschle eine astronomische Summe, da ich schon merke, daß mich die Dame neben mir mustert. Soll sie ruhig mitkriegen, wie lieb ich meine Frau habe. Die Floristin wirkt unbeeindruckt. Offensichtlich kann man noch horrendere Summen ausgeben. Sie zupft an ein paar unausprechlichen Kräutern herum – Blumen sehen anders aus. Da habe ich die Erleuchtung: „Ich nehme von den roten Rosen dort drüben ein Dutzend“ stoße ich hervor. Die Blumenverkäuferin ist enttäuscht. Aus solchen Rosen kann man nur Rosensträuße machen, keine multimedialen Gesamtkunstwerke mit Accessoires aus unterschiedlichsten Materialien, keine Korkenzieherschachtelhalme, keine rascheligen Papierextensions, keine Federn, kein Glitzerpuder. Einfach Rosen und ein bißchen Dill. Na gut, jedenfalls etwas, das aussieht wie Dill.

Die Rache folgt auf dem Fuß. Ich strecke meine Hand aus, um die Blumen in Empfang zu nehmen, die Blumenbinderin verschwindet in den rückwärtigen Räumen des Geschäfts. Sie ruft noch „ich hoffe, Sie haben ein wenig Zeit mitgebracht.“ Das Warten lohnt sich, nach gefühlt zwei Stunden bekomme ich endlich das floreale Wunderwerk, eingehüllt in mehrere Bahnen rascheliges Papier. Diesem Papier gebührt ein eigenes Kapitel – jeder, der bei einer Einladung der Gastgeberin ihren Blumenstrauß überreicht, steht vor der Wahl, die Blumen eingepackt zu überreichen (geht gar nicht), oder die Blumen ausgewickelt zu überreichen, dafür aber einen unförmigen Papierball in der anderen Hand zu halten, den man entweder gleich neben der Tür hinter die Büsche wirft (geht nicht) oder in der Hand behält (wie sieht das denn aus) oder in die Hosentasche knüllt, unter Verlust jeglicher Chance auf eine vorteilhafte Silhouette. Die Gastgeberin dafür schaut ebenfalls verzweifelt drein – „wo habe ich nur eine Vase für diesen Strauß“ und entschwindet, sofern sie nicht über Hauspersonal verfügt. Das Einwickelpapier fällt in diesem Moment aus der Hosentasche in den Schirmständer und man hat wieder Hände frei für den Champagner.

Beschwingt durch diese Erinnerungen und das Einkaufserfolgserlebnis mache ich mich auf den Heimweg, nicht ohne ermahnt worden zu sein, diesen Rosen als erstes daheim die Stiele zu kürzen. Das hätten die im Blumengeschäft gleich erledigen können, aber nun gut. Ich habe mal wo gelesen, wo dieser Faible der Damen für Schnittblumen herkommt. Es ist die Demonstration der Bereitschaft, viel Geld für etwas komplett Sinnloses auszugeben. Männer kennen das ja auch, da hat es allerdings keine Blüten, sondern zwei oder vier Räder, darüber freut man sich doch eher als über einen überaus praktischen Familienvan.

Ich komme vom Thema ab. Bliebe nur das Problem, daß für diesen Spleen unschuldige Blumenwesen sterben mußten. Doch halt  – wozu hatten wir in der Schule auch Gelegenheit, uns mit den Grundlagen der Botanik vertraut zu machen. Die Blumen leben ja noch. Was man ihnen abschneidet und zu Sträußen bindet, sind doch lediglich ihre Fortpflanzungsorgane. Vielleicht ist es diese Vorstellung, die uns Männern bei diesem Thema

den Spaß verdirbt.

Bild: privat

 

Ein Kommentar zu “Männer und Blumen”

  1. Sabine sagt:

    Nun ja, saugut, Ihr Muttertagstext, wirklich, echt spassig, obwohl lange her… Ich würde vorschlagen, machen Sie’s wie ich’s jeweils mit meiner ausgesprochen blumenliebenden Mutter machte am jeweiligen Muttertag, alljährlich, längst eingebürgert einstmals, als meine heute verstorbene Mutter noch lebte. Erst versammelten sich alle der Familie, von gross bis klein über 3 Generationen, alle das Abbild voneinander, logisch, weil verwandt oder angeheiratet… dann wurde gemeinsam gegessen, alle zusammen und spätestens beim Kaffee hatten sich Vater und Sohn dann in den Haaren, wie immer, weil lang nicht gesehen und noch immer alle Probleme nie gelöst zwischenzeitlich, über 40, 50 Jahre hinweg… Nun, alle, die nicht mitstreiten und sich das Ganze auch nicht anhören wollten, wurden ins Auto oder mehrere verpackt und auf ein schönes Blumenfeld mit den ersten Selbstschneide-Blumen des Frühjahrs gefahren, meist sämtliche Frauen und Kinder, manchmal auch vereinzelte Männer und dann konnte jeder, der allenfalls Mutter war¨, ein Geschenk des Muttertags wegen zu gut hatte oder eben auch zufolge zu wenig Beachtung und entsprechenden Geschenken für sich selber oder andere ein kleiner oder auch riesiger Blumenstrauss zusammenstellen, wie auch immer, natürlich auf Kosten derer, die dabei zusahen ohne selber mit dem Messer „beim Beschneiden der Fortpflanzungsorgane der Pflanzen“, wie Sie esnennen, tätig zu werden… auch eine Möglichkeit, des gemeinsamen Friedens an Muttertag wegen, ohne Verbitterung zu begegnen, denn die Frauen und Kinder und die männlichen, freiwilligen Mitgeher fühlten sich stets wohl dabei! Bleibt nur die Frage: Wo gibt’s in München denn das nächste Selbstschneide-Blumenfeld eines Landwirts?! Sonst müsste man vielleicht schon am Samstag vor Muttertag in eine andere Gegend losfahren, oder, hätte so aber mit Sicherheit keine Tankstellen-Blumen?!

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