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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Dienstag 6. Mai 2008

Reform ist eine Sache, die hauptsächlich die Reformer befriedigt.
Ambrose Gwinnet Bierce

 

Gesundheitsreform?

ÄskulapstabKlare Worte im Stern:

Zwei Frauen gegen den Rest der Welt

Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung? Machen Sie sich auf einiges Chaos gefasst! Bald startet der Gesundheitsfonds. 155 Milliarden Euro werden dann neu verteilt. Wie? Das wissen nicht mal die Erfinderinnen Angela Merkel und Ulla Schmidt.
(…) Gesundheitsfonds? Haben Sie zwar schon mal gehört, aber keine Ahnung, wofür er steht? Sie sind in guter Gesellschaft. Auf die Frage, was das sein könnte, schütteln nach einer Erhebung des Allensbach-Instituts mehr als die Hälfte der Deutschen verständnislos den Kopf.

Gegen Verständnislosigkeit kann man was tun. Eine Google-Recherche führt beispielsweise zu den Seiten www.konvergenzklausel.de. Dort steht:

Die Gesundheitsreform trägt den Namen ,,GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz“ oder kurz GKV-WSG.

Das klingt doch vielversprechend. Die gesetzliche Krankenversicherung ist ja ohnehin ein merkwürdiges Konstrukt, da kann Wettbewerb sicher nicht schaden. Und konkret? Zwei Graphiken von www.konvergenzklausel.de helfen:

Vorher:

Gesundheitsreform: vorher

Nachher:

Gesundheitsreform: nachher

Das also ist Wettbewerb. Alle Kassenbeiträge sind identisch, die Kassen bekommen das Geld aber nicht in die Hand. Zunächst. Das Geld liegt nämlich in diesem Gesundheits­fonds. Das ist ein Bundesmoloch, der neben den Beiträgen auch Steuer­mittel bekommt, auch Ländersteuern. Das wiederum ruft die CSU auf den Plan. Berlin streckt seine gierigen Klauen nach unserem Geld aus. Um es beispielsweise den chronisch klammen Saarländern zu geben, wo es, man kennt ja die fortschrittlich-experimentierfreudigen Saarländer, in Klangschalentherapie und Duftkerzen gesteckt wird. Oder in den Wahl­kampf der Linken. Leichte Verzweiflung bei Herrn Seehofer, der derzeit seine Partei­freunde laufend daran erinnert, dass sie dafür sein sollen, weil die CSU große Teile des Modells entworfen und durchgesetzt hat. Nun gut, dumm gelaufen.

Das Geld liegt also in einem großen Haufen da. Nun beginnt das Spiel ohne Grenzen: Das Zuweisungswettbewerbsmodell ist zwar kein echter Wettbewerb, aber immerhin ein Modell. Erst im nachhinein erfährt jede Kasse, wieviel Geld sie gehabt hat. Das be­kommt sie zugewiesen nach Schlüssel und Konvergenzklausel. Die, am Rande erwähnt, wie es aussieht, noch nicht ganz fertig ist. Steht zumindest im SGB, Band V, §272.

Irgendwie wird die Kasse also erfahren, wieviel denn auf dem Konto überbleibt, was zu Ausschüttungen führt (Bonus). Oder, vermutlich, wieviel fehlt. Dann darf die Kasse einen Zusatzbeitrag einheben, rückwirkend natürlich. Dieser wiederum ist aber abhängig vom Einkommen der einzelnen Beitragszahler gedeckelt. Womit die Kasse auch möglicherweise feststellen kann, dass sie insolvent ist. Reichlich spät.

Zurück zum Wettbewerb. Nicht die jungen, gesunden Beitragszahler sind nun die, die das Geld bringen, um die man wirbt. Die Risiken werden nivelliert durch den ominösen Morbiditäts­risiko­struktur­aus­gleich, kurz und häßlich „Morbi-RSA“. Die Kassen können auch nicht mehr dadurch sparen, dass sie durch Aufklärungs­maß­nahmen die Krankheitskosten zu senken versuchen, denn damit verbessern sie nur die Morbiditätsstruktur und senken ihren Anteil am Ausgleich. Auch das Anbieten intelligenter Produkte nützt nichts mehr, denn wer weiss denn, um welche Gruppe es sich zu bemühen lohnt? Was bleibt? Verwaltungskosten: Leute feuern. Kosten für Leistungen: Behandlungsmethoden streichen. Fusionitis: Kleine Kassen sind ohnehin unerwünscht, weil ineffektiv. Wenigstens weiß nun niemand mehr aktuell, wieviel Beitrag er denn nun wirklich an seine Kasse bezahlt. Erst hinterher stellt sich das heraus.

Was hat das mit Wettbewerb zu tun?

 

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