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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Sonntag 3. Februar 2008

 

Nochmal: Mindestlohn

Wir haben etwas gelernt: Vom Austragen von Briefen bei alternativen Anbietern kann man nicht leben. Kann man das denn bei der Bundespost? Was verdient denn so ein Empfänger von Mindestlohn?

Und so kommt man ins Grübeln. Ein Briefträger kann also nicht mehr leben von dem, was er verdient, vermutlich nicht mal mit Mindestlohn. War das nicht mal ein ehrbarer Beruf? Oder anders gefragt, welche von den Berufen, die ein ABC-Schütze kennt, ernähren noch eine ganze Familie? Lehrer? Vielleicht. Polizist? Schwierig bis zum gehobenen Dienst. Müllfahrer? Schon eher. Friseur? Kindergärtner? Kellner? Gärtner? Trambahnfahrer? Nur in Ausnahmefällen.

Vor meinem geistigen Auge erscheint die DDR. Kennt man ja, dort war alles falsch, ein böses und unmenschliches System und was man so weiter in diesem Zusammenhang automatisiert sagt – kennt man ja, sag ich doch. Aber jeder konnte von dem leben, was er verdient. Jeder. Und keiner der normalen Werktätigen (i.e. nicht Kader) wurde wegen seines Berufs schief angesehen – viele hatten ja keinen Einfluss auf ihren Beruf, sie waren zu irgendeinem Beruf einfach eingeteilt worden. 

Wir im Westen hatten es einfacher. Wir wählten unsere Berufe selber aus und jeder war seines eigenen Glückes Schmied. Oder seines eigenen Unglückes? Ist das nicht der wirkliche Auslöser von Stress? Ist Unfreiheit immer schlecht? Verkläre ich da eine Gesellschaft, die zu recht verschwunden ist? Die Antwort ist natürlich „ja“. Es ist gut, dass die DDR weg ist. Aber wir haben beim Aufräumen zu  viel weggeworfen. Und nun stehen wir vor dem Problem, dass nur noch wenige Leute richtig gut verdienen und die meisten durchschnittlich und viele eben auch wirklich schlecht. Und dann gibt es noch die, die ohne staatliche Hilfe wirklich arm wären, mit solcher Hilfe sind sie es eben relativ, also gemessen am Durchschnitt.

Und gleichzeitig wird die Gültigkeit des Peter-Prinzips immer deutlicher. Ein kontemplativer Beruf wie Straßenkehrer, Leuchtturmwärter, Schäfer, Portier oder Streifenpolizist ist heute nicht mehr zu haben. Das trägt unsere Volkswirtschaft nicht mehr, wir alle müssen produktiver sein. Ein Portier, also heute besser „Front Door Assistant“, muss mindestens noch die Telephon-Zentrale bedienen und am Bildschirm Daten erfassen. Oder aber er ist eine 1-Euro-Kraft, öffentlich subventioniert. Dass ein Sachbearbeiter einer Versicherung nebenbei Zeit hat, komplizierte physikalische Rätsel zu lösen oder Bücher von seltener Eindringlichkeit zu schreiben – unvorstellbar. Das war zu Einsteins und Kafkas Zeiten anders.

Es ist in Ordnung, dass es Leute gibt, die 10 mal so viel verdienen wie ihre eigenen Dienstboten. Es ist auch in Ordnung, dass es Leute gibt, die 20 mal so viel verdienen. Aber alles darüber verzerrt bereits die Struktur. Wer 1000 mal so viel verdient wie seine Putzfrau, hat ein Einkommen wie Ackermann, aber eine Putzfrau, die vermutlich nichts anderes kann als eben zu putzen, die aber dann auch mal mit Stahlwolle ans Silber geht.

Nun ist alles klar: Wir sollten die Durchlässigkeit des Systems wieder senken, damit das Peter-Prinzip bekämpfen und dafür sorgen, dass die Gruppe der Bezieher von Durchschnittseinkommen wächst und die Spitzengruppe breiter wird, von mir aus zu Lasten der Spitzeneinkommen – 


her mit Mindestlöhnen!

 

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