Fliegen mit roten Fahnen
Herr Bsirske ist Aufsichtsrat bei der Deutschen Lufthansa. Als solcher genießt er Werksvergünstigungen. Das ist zwar „eigentlich“ nicht korrekt, „uneigentlich“ aber Usus – in vielen Firmen. Bei der Lufthansa lohnt sich das richtig: First Class in die Südsee, ohne zu bezahlen, macht sicher Spaß, sei es ihm vergönnt. So etwas zieht die Journalisten der Bild an wie Schlagrahm die Schmetterlinge.
RIESEN-WUT ÜBER GRATIS-FLUG
Gratis-Flieger Bsirske soll zurücktreten
VER.DE-SPRECHER BESTÄTIGT KOSTENLOS-FLUG NACH LOS ANGELES
Gratis in der 1. Klasse war Ver.di-Chef Frank Bsirske Anfang Juli mit seiner Frau in den Südsee-Urlaub geflogen.Und das ausgerechnet mit der Fluglinie, die seine Gewerkschaft massiv bestreikte. Während die Ver.di-Mitglieder für höhere Löhne kämpften, nutzte Bsirske als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa Gratis-Flüge des Unternehmens.
Politiker sind empört. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel: „Herr Bsirske sollte in der Südsee bleiben. Wenn er jetzt nicht zurücktritt, sollten ihm die Gewerkschafter den Stuhl vor die Tür setzen.“
Nun über das politische Fingerspitzengefühl des Herrn Bsirske zu räsonieren wäre langweilig, das liegt alles so auf der Hand. Interessant ist schon eher, was man am Rande zu lesen bekommt. Damit ist nicht gemeint, daß für die Bild vereinfachend Los Angeles bereits in der Südsee zu liegen scheint. Eher schon solche Perlen:
Auch aus der Union kommen Rücktrittsforderungen. CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach: „Bsirske agiert nach dem Motto: links reden, rechts leben.“
Diese Aussage ist doch faszinierend! Links reden, das ist den meisten intuitiv klar: Mehr Geld für die Leute, weniger Arbeit, und was eine Gewerkschaft noch so alles für „links“ hält. Aber „rechts leben“? Was kann Herr Michelbach da nur gemeint haben? Urlaub machen, während gerade wichtige Ereignisse stattfinden sicher nicht, das hält ein CSUler vermutlich auch für links. Nein, es ist schon klar, auch wenn man es nicht glauben will: Es ist das Fliegen in die Südsee. Das ist „rechts“ für Herrn Michelbach.
Oder ist es das kostenlos Fliegen? Das eher nicht, das ist nur rechts, wenn man den Urlaub von seinen Amigos finanziert bekommt. Und über diesen Verdacht ist Herr Bsirske turmhoch erhaben. Jemand, der eine Firma, für die er als Aufsichtsrat und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender wirkt, so schädigt wie Herr Bsirske die Lufthansa, macht sich keine Freunde, nicht mal Amigos.
Das „Gschmäckle“, das viele bei diesem Flug wahrnehmen, ist bei näherer Betrachtung doch nicht in der Kostenlosigkeit, sondern vielmehr darin begründet, daß die Flüge des Herrn Bsirske so gelegt waren, daß er unbehelligt vom Streik reisen konnte. Er wußte ja, wann und wo gestreikt würde.
Aber andererseits ist es auch wieder mutig. Er vertraut sein Leben einem Unternehmen an, das ihn beim besten Willen nur als inneren Feind betrachten kann. Somit ist es nur der moralischen Qualität der Lufthansa zu verdanken, daß das Flugzeug mit Herrn Bsirske an Bord die Chance ausließ und, wie man sieht,
nicht abgestürzt, sondern heil gelandet ist.
Bild: de.wikipedia.org
Montag 4. August 2008 um 09:51
> Somit ist es nur der moralischen Qualität der Lufthansa zu verdanken,
> daß das Flugzeug mit Herrn Bsirske an Bord die Chance ausließ und,
> wie man sieht, nicht abgestürzt, sondern heil gelandet ist.
Abwarten von wg. moralischer Qualität – vielleicht holen sie ihn auch nicht mehr ab von St. Helena 🙂