Das Ende der Welt
Es gibt viele Theorien, wie unsere Welt untergehen könnte. Aufgewachsen mit der Gewissheit, niemals erwachsen zu werden, da vorher bereits ein weltweiter Atomkrieg alle Menschen auslöscht, schockiert mich nichts so leicht. Nach einem Atomkrieg, so die herrschende Meinung damals, überleben nur Kakerlaken und Ameisen.
Kakerlaken und Ameisen überleben aber nicht mehr, wenn ein großer Meteorit die Erde trifft und die Menschheit auslöscht. Dies wurde mehrfach vorhergesagt, das letzte mal erst vor kurzem. Eingetroffen ist es nicht, was ich den Propheten jedoch nicht weiter übelnehme: Umgekehrt wäre es ärgerlicher. Der nächste gefährliche Brocken, von dem wir wissen, kommt im 21 Jahren und trifft uns mit einer Wahrscheinlichkeit, die reichlich ungemütlich ist, 1 zu 60. Wenn die Quelle denn stimmt. Ich tröste mich mit dem Ausruf des Optimisten: Tausende von Jahren ist es gutgegangen, wieso sollte es diesmal schiefgehen? Oder sollte ich doch noch schnell in Altötting ein Kerzerl anzünden und an die Dinosaurier denken?
Wie es auch ausgeht, das Leben geht weiter, mindestens die Mikroben überleben einen Deep Impact. Da mußte sich die Menschheit etwas sichereres einfallen lassen, eine Katastrophe kosmischer Dimension, ein Ding, das gefährlicher ist als alles, was wir uns ausmalen können: Wir bauen uns ein Schwarzes Loch.
Science Fiction? Nein, Realität. Niemand hat so richtig aufgepasst, als es vor etwa hundert Jahren hieß, die Physiker entfernten sich von der Welt, wie wir sie kennen und begreifen. Quarks, Quanten und Strings haben es geschafft, dass niemand mehr nachvollziehen kann, was Physiker treiben. Was die Wissenschaftler letztlich der Kontrolle durch die Gesellschaft entzieht.
Also ein Schwarzes Loch. Was braucht man dazu? Einen Teilchenbeschleuniger, am besten einen großen. Oder am besten gleich den größten der Welt, den Large Hadron Collider des CERN. Und einen Anwalt, denn, wie nicht anders zu erwarten, gibt es Leute, die verhindern wollen, dass wir alle Richtung Genf gesaugt werden und in einem Schwarzen Loch enden. Aber das Gericht hat den Physikern das Recht zugestanden, der Menschheit einen weiteren Weg zu eröffnen, sich selbst zu vernichten. Einen Weg im übrigen, der ohne den Roten Knopf auskommt, der während meiner KIndheit immer als Symbol für das Ende herhalten mußte. Nein, wenn alles am 10. September so abläuft, wie es manche Physiker meinen, dann beginnt da das Ende der Welt und kann nicht gestoppt werden. Ein Ende, von dem niemand etwas erfahren wird. Was in ein Schwarzes Loch fällt, unterliegt einem eigenen Ereignishorizont. Das bedeutet, daß keine Information von innen nach außen dringen kann, da die Schwerkraft so groß ist, dass nichts dem Loch entkommen kann. Nicht einmal das Licht.
Aber vielleicht gelingt ja eine ökonomische Nutzung der Schwarzen Löcher: Man könnte zum Beispiel in Zukunft auf die Endlagerung von verbrauchten Kernbrennstäben verzichten. Oder alles war ein großer Irrtum und es passiert gar nichts? Oder wir haben schon längst Schwarze Löcher und sie sind harmlos. Irgendwo müssen ja die ganzen BIC-Feuerzeuge und Kugelschreiber sein, die man nie aufbraucht. Immer längst vor deren natürlichem Ende hat man ein neues zur Hand. Somit müßte der Boden von diesen Feuerzeugen bedeckt sein. Ist es aber nicht.
Mit all diesen Informationen ausgestattet taten sich die Richter nicht schwer und schmetterten den Eilantrag ab. Wir werden es vermutlich überleben, auch wenn mir lieber wäre, die Herren spielte einfach nur ein bisserl Russisches Roulette untereinander. Und die Begründung einer Gruppe der Befürworter läßt mich gruseln: Wer nun Bedenken habe, habe die Allgemeine Relativitätstheorie nicht verstanden. Ich bin ja nur ein einfacher Mathematiker, kein Physiker, aber eines ist mir sicher klar: Ich will auf keinen Fall, daß das Überleben der Menschheit davon abhängt,
daß jemand die Allgemeine Relativitätstheorie verstanden hat!
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