Faktische Fiktion
„Fixer Faxen“ hieß einmal eine Firma, spezialisiert darauf, möglichst schnell möglichst vielen Menschen ein Fax zu schicken. Kein Wunder, dass die Firma wieder eingegangen ist, sie wird nicht mehr wirklich benötigt, seit das Internet das Verbreitungsmedium schlechthin ist. Der Name war aber gut gewählt, ich habe ihn mir gegen meinen Willen bis heute gemerkt.
Woher kommt „Fix“, woher kommt „Fax“? Fix ist nicht so trivial, wie man zunächst meinen möchte. Genau genommen sind sogar Experten vrmutlich auf dem Holzweg. Lateinisch fixare ist natürlich kein schlechter Ansatz. Etwas befestigen, fixieren. Etwas, das man hinten anheftet („Suffix“), vorne („Präfix“) oder am Kreuz („Kruzifix“). Wer einen klappernden Fensterladen wieder befestigt, wird sagen, er habe ihn repariert, fixiert, oder neudeutsch auch „gefixt“. Ist alles erledigt, ist es „fix und fertig“. Daher war die erste Bedeutungsübertragung möglich, ein fixer Bursche war einer, der Sachen eben auch fertigbrachte. Das nannte man früher „anstellig“. Aber immer noch geht es primär um die Qualität der Arbeit, nicht um die Zeit, innerhalb derer sie verrichtet wurde.
„Fix“ als Synonym für „flink“ ist so nicht hinreichend erklärt. Eine eindeutige Herleitung konnte ich nicht finden, aber einen Verdacht habe ich durchaus. Dazu riskiere ich mal schnell die Jugendfreiheit meines Blogs: Es gibt einen mittelhochdeutschen Ausdruck, der eine lustige Karriere hingelegt hat. Bewegt man etwas schnell hin und her, so ist das Wort dafür *hüstel* ficken. Es teilt sich den Stamm mit so harmlosen Wörtern wie „fegen“, aber irgendwo im indogermanischen Sprachgedächtnis schlummert sogar eine Verwandtschaft zu den Vögeln. Ich spare mir den Kalauer, nun zu fragen, was ficken mit Vögeln zu tun habe.
Die obszöne Bedeutung des F-Wortes hat alle anderen Wortbildungen zum Aussterben verurteilt. Nach dem Grimmschen Wörterbuch sagte man früher durchaus ficken auch für peitschen oder mit einer Rute schlagen. Ganz verschämt hat das Wort sich noch heute in der Ohrfeige versteckt. Oder, so mein Verdacht, auch im unschuldigen fix. Ob man von da aus nach Hawaii kommt, wo bekanntlich wiki-wiki „schnell“ heißt und sich via engl. quick sofort erschließt, wissen die Grimms natürlich nicht. Die waren nie auf Hawaii. Und auch dem „Heißen Feger“ will ich nicht weiter nachgehen. Zurück zum Thema:
Analog zu anderen I-A-Bildungen (Wirrwarr, Zickzack, Tric-Trac, Schnickschnack, Ticktack, Flic-Flac, Perlicco-Perlacco) gab es auch das Wort Fickfacken. Ein Fickfacker war ein Mensch, der recht unstet war, heute hier, morgen dort. Fahrendes Volk. Ergo jemand, dem man nicht trauen konnte. Auf Jahrmärkten auftretende fickfackende Possenreißer wurden bald auch Faxenmacher genannt. Im Geschäftsleben verbittet man sich Faxen natürlich, wenn nötig auch per Fax. Was für eine Überleitung! Aber auch wenn man Faxe schnell hin und herschicken kann, so kommt dieses relativ junge Wort natürlich von lat. facere, tun, machen. Fac! heißt Mach! und „Fac simile“ heißt „Mach es ähnlich“. Lange vor dem Fax gab es den eingedeutschen Begriff Faksimile bereits. Und nachdem das Fax eine deutsche Erfindung war, hieß es zunächst auch „Fernkopierer“, analog zum „Fernschreiber“. Die Kopie war das Faksimile, verkürzt zu Fax. Bei „fern“ wiederholte sich das Drama für Menschen mit Sprachgefühl, denn das Lateinische hält nur Worte wie procul vor oder, als Adjektiv, remotus. Remotofax? Proculkopie? Nein, eine Chimäre mußte her, das Griechische hat ja des schöne Wort „tele“ und fertig war das Telefax, analog zum Telephon. Das war aber andererseits wieder viel zu lang, und so entstand das neue Wort Fax, zusammen mit dem abgeleiteten Verb faxen.
Wenn einer aber nun die Faxen dicke hat, so heißt das nicht, dass er weiterer schriftlicher Kommunikation abgeneigt ist.
Auch wenn es so klingt.
Bildquelle: Wikipedia, das Schild ist historisch, der Ort im Lkr. Cuxhaven hat sich umgenannt.