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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Samstag 7. Januar 2012

Die Kunst zu fragen ist nicht so leicht als man denkt; es ist weit mehr die Kunst des Meisters als die des Schülers. Man muß viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.
Jean-Jacques Rousseau

 

Breaking News: Kein Rücktritt

Für gewöhnlich melden die Nachrichtenagenturen überraschende Neuigkeiten. Zur Zeit melden sie vor allem, daß der Bundespräsident nicht zurücktritt. Aber wieso sollte er eigentlich zurücktreten? Er wollte ein Haus kaufen und hat sich von einem Freund Geld geliehen. Das ist nicht abwegig, das habe ich auch einmal gemacht. Mein Freund hatte bessere Zinsen als auf dem Sparkonto und ich hatte bessere Zinsen als auf einem Kreditkonto. Na gut, das ist 25 Jahre her und es ging auch nur um 100.000 Schilling und nicht um 500.000 Euro, aber am Prinzip ändert das nichts.

Ich war allerdings Student und nicht Ministerpräsident und habe daher keinen Gedanken an den Transfer des Geldes verschwendet. Bei dem besagten Freund des Herrn Wulff handelte es sich aber um einen Unternehmer, und da war beiden klar, daß man bei der Transaktion vielleicht besser diskret vorgehen sollte – in der öffentlichen Meinung, also bei den Ungebildeten wie bei den GeBILDeten,  handelt ein Unternehmer stets nur zu seinem Vorteil, was ihn von den normalen Sterblichen unterscheidet. Also nimmt das Geld den Weg über die Ehefrau und landet als anonymer Bundesbankscheck endlich bei der Wulffs, die damit ihre Häuschen bezahlen.

Bei bösartigen Menschen lösen solche Verschleierungstaktiken allerdings erst recht den Beißreflex aus. So kam es also zur hochnotpeinlichen Befragung durch die Opposition im niedersächsischen Landtag. Geschäftliche Kontakte? Nicht wirklich, das ist doch eher privat, also „Nein“, passt schon. Zeit vergeht, er wird Bundespräsident, aber auf einmal kocht diese Sache wieder hoch. Die BILD-Zeitung, soeben noch  seine Hofpostille, beschließt, „investigativen Journalismus“ zu spielen und schickt bohrende Fragen. Einen Einblick in die Arbeit der BILDler bekommt man, wenn man es in der Bildzeitung nachliest:

  1. Warum haben Sie dem Landtag verschwiegen, dass eine „geschäftliche Beziehung“ zwischen Ihnen und der mit Egon Geerkens in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau Edith durch einen im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag über 500000 Euro besteht?
  2. Teilen Sie die Auffassung, dass Sie den Landtag in diesem Zusammenhang bewusst getäuscht haben?
  3. Wie haben Sie die 500.000 Euro erhalten? Per Überweisung aus Deutschland, der Schweiz, der USA – oder bar? Oder auf welche andere Weise?
  4. Warum haben Sie den im Oktober 2008 geschlossenen Darlehensvertrag wenige Wochen nach der parlamentarischen Anfrage gekündigt und durch einen Darlehensvertrag mit der BW-Bank abgelöst – obwohl der Darlehensvertrag noch bis November 2013 lief?
  5. Wann und in welcher Form haben Sie das Darlehen zurückgezahlt?
  6. Gab es vor dem Jahr 2000 geschäftliche Beziehungen zwischen Ihnen, dem CDU-Kreisverband Osnabrück, dem CDU-Landesverband Niedersachsen bzw. dem Land Niedersachsen und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens und/oder Frau Geerkens als Gesellschafter beteiligt waren?

Was hätte ich geantwortet?

  1. Was ist das denn für eine Unterstellung? Verschweigen kann man nur Dinge, nach denen man gefragt wurde.
  2. Nein.
  3. Das geht Sie nichts an. Tut auch nichts zur Sache.
  4. Das geht Sie auch nichts an. Die Konditionen waren annehmbar und mir wurde durch die stochernden Fragen der Opposition klar, daß jemand versuchen könnte, den Kredit gegen mich zu verwenden.
  5. Das geht Sie nichts an. Tut auch nichts zur Sache. Das Darlehen habe ich zurückgezahlt. Zweifeln Sie daran?
  6. Was, wenn Herr Geerkens eine VW-Aktie hat?

Spätestens bei Frage 6 ist es klar, daß es hier kaum um ein faires Interview ging. Dann hätte ich Herrn Diekmann angerufen und ihn gefragt, was der Käse soll. Und wenn der sich nicht entschuldigt hätte, hätte ich seinen Chef auch noch darauf angesprochen. Aber ich bin halt nicht der Bundespräsident und will es auch nicht sein. Nicht in Berlin. Aber es geht in diesem Artikel nicht um den Bundespräsidenten. Auf dieses Thema komme ich später vielleicht noch zu sprechen.

Es ging eher mal wieder um Pharisäer.

Bildquelle: WikiCommons, Martina Nolte

 

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