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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Dienstag 31. Januar 2012

Der Edle bleibt fest in der Not. Wenn der Gemeine in Not kommt, so wird er trotzig.
Konfuzius

 

Stirb langsam

Source: https://pod.geraspora.de/uploads/images/scaled_full_7... on TwitpicKönnen Sie sich noch an „Die hard“ (Stirb langsam) erinnern? Sicher doch, das waren diese grandiosen und extrem spannenden Filme mit Bruce Willis. Yippie-ya-yeah, Schweinebacke. Im dritten Film (Stirb langsam – jetzt erst recht) kommt John McLane in eine äußerst unangenehme Situation. Nein, nicht der Umgang mit Bomben in allen Größen, das kommt ja dauernd, nein, ich meine wirklich unangenehm: Er muss sich mit  einem Schild „I hate niggers“ ausgerechnet in Harlem hinstellen.

Um herauszufinden, wie man sich da genau fühlen könnte, hat ein gewisser Ansgar Heveling die Probe aufs Exempel gemacht: Er ist MdB der CDU und sagt, er haßt das Internet. Das sagt er im Internet, genauer in einem Gastbeitrag für die Onlineausgabe des Handelsblattes. In seiner Sprache nennt man das vielleicht einen hingeworfenen Fehdehandschuh, aber in der Sprache der Netizens, in der Onlinegesellschaft, nennt man solche Menschen Trolle. Natürlich stellt sich die Frage, ob jemand ein Troll sein kann, der gar nicht weiß, was ein Troll ist?

Nun ist es billig, über so jemanden herzuziehen. Herauszufinden, wie leicht man fernsteuerbar ist, ist auch irgendwie peinlich. Nichts gegen die teilweise fabelhaft spritzigen, boshaften und witzigen Entgegnungen, die seit dem Erscheinen des Artikels durchs Netz schwirren. Andererseits birgt aber reflexhaftes Eindreschen auf so einen Provokateur immer die Gefahr, langweilig zu werden. Man mißt sich nicht mit Opfern.

Nun, man kann ihm vorwerfen, dass er sich sein „I hate niggers“-Schild freiwillig umgehängt hat, das unterscheidet ihn schon stark von McLane, aber vielleicht sieht man sich genauer an, was er geschrieben hat.

Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren!

Liebe „Netzgemeinde“, das Web 2.0 ist bald Geschichte. Die Revolution der „digitalen Maoisten“ geht vorbei – die Frage ist nur, wie groß die Schäden sind.

Bei aller Wucht seiner Worte, an denen er sich offensichtlich berauscht: Ein Abraham a Santa Clara ist er halt nicht und so tut er vermutlich seinem Standpunkt keinen Gefallen. Das liegt auch daran, daß er umringt von echten und eingebildeten Feinden alles durcheinanderwirft. Bei gutwilliger Exegese seines Textes bleiben durchaus diskussionswürdige Punkte.

Nicht das Internet, auch nicht die „Netzgemeinde“ und erst recht nicht Web 2.0 ist sein Feind, es müssen die von ihm so bezeichneten „digitalen Maoisten“ sein. Dabei dürfte es sich vermutlich um die Netzaktivisten handeln, die geistiges Eigentum generell ablehnen, frei nach Proudhon („Eigentum ist Diebstahl“). So denkt sicher nur eine Minderheit im Netz, aber diese ist besonders laut.

Übrigens auch wegen eines Missverständnisses. Nichts spricht gegen Eigentum an geistigen Inhalten, solange auch hier Eigentum verpflichtet und Auswüchse unterbunden werden. Wer im Netz unterwegs ist und selbst veröffentlicht, ist ständig in der Gefahr, mit gewissen Anwaltskanzleien zu tun zu bekommen, deren einziger Geschäftszweck die Abmahnerei ist. Ins Grübeln kommt, wer Photographen trifft, deren Bilder zur freien Nutzung höchstens 50 € kosten, die dann aber vor Gericht versuchen, tausende Euros Schadensersatz für die unautorisierte Verwendung von Bildern geltend zu machen. Honi soit qui mal y pense, manchmal ist diese Art der „Nutzung“ lukrativer als der reguläre Verkauf.

Oder wer verfolgt, wie die Musikindustrie – ohne rot zu werden – behauptet, daß ein Schüler, der Musik, die rechnerisch für 50.000 € verkauft würde, auf seiner Festplatte hortet, einen Schaden in Höhe von 50.000 € durch entgangene Umsätze geltend macht. Als ob ein Schüler genug Geld hätte, solche Summen für Musik auszugeben, die es komplett anzuhören ihm vermutlich ohnehin an Zeit fehlt. Oder wem auffällt, daß die Verwertungsrechte inzwischen nicht mehr 50, sondern 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers auslaufen – wem nutzt das? Dem Urheber? Seinen Kindern? Nein, da stecken handfeste Interessen von kommerziellen Rechteverwertern dahinter. Es handelt sich also nicht um einen Konflikt zwischen Künstlern und Kunstkonsumenten, sondern um die immer wieder notwendige Anpassung des Rechts an ein sich veränderndes Umfeld. Da es um viel Geld geht, kann es nicht gleichzeitig um Vernunft oder Gerechtigkeit gehen.

Zurück zu Herrn Heveling: In einem hat er ja offensichtlich Recht behalten. Er schreibt:

(…) wir sollten uns zu wehren beginnen, wenn einzelne Menschen hinter den vielen Maschinen uns unsere Lebensentwürfe vorschreiben. Noch ist es dazu nicht zu spät. Wir dürfen die Gestaltung der Zukunft nicht denen überlassen, die sich als digitale Avantgarde verstehen und meinen, sie wüssten, was das Beste für die Masse Mensch vor den Maschinen sei.

Darin äußerst sich doch die Besorgnis des Einzelnen, seine Freiheit zu verlieren. „Menschen, die sich hinter Maschinen verstecken“, das sind wohl eher die Technokraten, weniger die Piraten, die uns tatsächlich Angst machen sollten. Nicht das Urheberrecht ist es, das uns bedroht, es sind die Menschen, die sich nicht nur Dinge wie ELSTER ausdenken, sondern die deren Nutzung gleich obligatorisch machen. Ich will das auch nicht. Ich will Freiheit, im Netz wie im Real Life, und ich denke an Rosa Luxemburg und die Freiheit der Andersdenkenden. Heveling jedoch wird gleich mit Triumphgeschrei der Server gehackt („www.ansgar-heveling.de“).

Fragt man die „Hacker“, wieso sie so etwas machen, antworten sie „weil wir es können“. Ich kann übrigens alte Damen niederschlagen und ihnen die Handtasche wegnehmen. Kranke Logik, ich käme nie auf die Idee, dies zu tun, auch wenn ich es kann. Und Heveling zu hacken war nicht gerade eine Kunst. Der Unglückswurm Ansgar Heveling hatte den Accountnamen „heveling“, Passwort „ansgar“. Herr im Himmel, so bleibt doch nur die Frage, was so einer verloren hat

in der Enquetekommission „Internet und Digitale Gesellschaft“.

Bildquelle: der digitale Maoist, via Twitter. Und wieder das ungute Gefühl, nicht die Quellen der vermeintlichen Quellen überprüfen zu können.

 

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