SvB-Blog

Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Autorenarchiv

Meckels Messerzüge

Erstellt von svb am 21. März 2012

Meckels Messerzüge

Wie man 1803 seinen Vater kochte

Ich war dreizehn Jahre alt, mein Freund Ludwig Wucherer erst zwölf, als das Unvorstellbare auch wirklich geschah – wir schnitten meinen Vater auf. Seine Eingeweide schwammen in weißlichem Wasser, und tatsächlich ragte die gewanderte Leber wie ein Inselberg daraus hervor. Die Geheime Räthin Meckel, Deine Großmutter, musste eine große Schöpfkelle aus der Küche holen, weil die anatomische für die Ausschöpfung ihres Gatten einfach zu klein war. Wir köpften den Vater, natürlich vorsichtig, und wir weideten ihn aus. Dann entfleischten wir ihn und kochten seine Knochen.

Was für ein Anfang! Wer aber nun meint, das vorliegende Buch sei geeignet für Menschen, die schon immer mit ihren Vätern abrechnen wollten, der hat sich geirrt. Das Fleischpräparieren  und Knochenkochen ist nichts als Lokalkolorit, handelt es sich bei der Familie Meckel doch um eine Versammlung von Koryphäen der Anatomie. Und so wie das Aufschneiden von Leichen seine Schrecklichkeit verliert, wenn sie alltäglich und banal wird, so erscheinen, sind wir einmal mitten drin, auch die Schrecken des Krieges entfernter denn je zuvor.

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Digitale Steinzeit?

Erstellt von svb am 18. März 2012

Endlich wurde Recht und Gesetz zum Durchbruch verholfen. Schon lange waren sie uns ein Dorn im Auge, die fiesen gelb-roten Packstationen der DHL Worldnet, vulgo Post. Dort werden zwar auch regulär Päckchen abgegeben, aber schon lange war klar, daß dieser Dienst sehr gerne von Betrügern genutzt wurde, die dort mit gestohlenen Identitäten ihren krummen Machenschaften nachgehen konnten. Unerträglich die Tatsache, daß sich die Post an solchen Leuten bereichert.

Da die Post diesen Mißbrauch nicht wirkungsvoll verhindern konnte, wurde ihr nun das Handwerk gelegt. Es half nichts, daß die Post beteuerte, ihre Dienste würden von vielen Menschen völlig legal genutzt, und daß diese Menschen Packstationen äußerst praktisch fänden. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat geurteilt, daß es nicht genüge, wenn man bei Bekanntwerden einzelner Vorfälle jeweils einschreite, nein, die Packstationen müssen selbst aktiv werden und alle Pakete aufmachen und reinschauen. Sollte es sich um illegale Machenschaften handeln, müsste die Post die Pakete von sich aus vernichten. Tun sie dies nicht, haften sie.

Nanu? Klingt ja reichlich abstrus! Ist es auch, Weiterlesen »

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Kein Kampf

Erstellt von svb am 10. März 2012

Zensur findet nicht statt in einer Demokratie, aber das versteht sich ja von selbst. Ist das Material gar zu krass, gibt es immer noch die Altersfreigabe ab 18. Sind Kinder und Jugendliche geschützt, ist man sehr frei in der Verbreitung von abstrusesten Inhalten. Das ist schön und hat etwas mit Freiheit zu tun.

So gesehen ist es nicht überraschend, daß in einer Gesellschaft wie der unseren Bücher erlaubt sind, die erklären, wieso Leute, die die Darwinschen Thesen für überzeugend halten, in der Hölle schmoren müssen, daß Krankheiten Zeichen von sündigem Leben sind und daß es Werwölfe und Vampire wirklich gibt. Nicht einmal der malleus maleficarum, zu deutsch „Hexenhammer“, ist bei uns verboten. In diesem Buch wird haarklein beschrieben, was Hexen so machen und was man selbst tun kann, um ihnen die entsprechenden Geständnisse zu entreissen. Unvergesslich sind mir die Unterscheidungen zwischen incubus und succubus. Das war nichts anderes als die Klassifikation von Hexen durch Differenziation der bei ihrer Initiierung angewandten sexuellen Praktiken. Da das Buch überwiegend auf Latein geschrieben ist, erübrigt sich die Altersfreigabe. Wer das versteht, ist alt genug.

Aber es gibt noch ein Buch, das ist noch viel böser als der Hexenhammer. Nein, ich spreche nicht vom Necronomicon. Weiterlesen »

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Wie die Faust aufs Auge

Erstellt von svb am 6. März 2012

Unvergesslich der Gentleman, den bei seiner Hinrichtung angesichts des Henkers hauptsächlich eine Sorge plagt – die Frage „Was gibt man dem Mann?“ Diese Geschichte wurde schon so vielen Menschen zugeschrieben, daß es sich klar um eine urbane Legende handelt, einen neuzeitlichen Mythos. Oft wird erwähnt, bei dem Delinquenten habe es sich um einen Snob gehandelt. Das sehe ich anders. Der wahre Gentleman denkt einfach an alles, und wo man nicht auf Erfahrung zurückgreifen kann, steigt das Risiko, eine Peinlichkeit zu begehen. Das ist bei Hinrichtungen so, das ist beim Ausscheiden aus dem Amt des Bundespräsidenten nicht anders. Kaum jemand macht diese Erfahrung zweimal.

Wiebitte? Schon wieder ein Wulff-Artikel? Nein, keine Sorge, mir geht es wie allen: Ich mag den Namen dieses Menschen nicht mehr hören. Weiterlesen »

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Germanys Next Bundespräsident

Erstellt von svb am 22. Februar 2012

Viele, die gerade noch auf Wulff eingeschlagen haben und mit viel Esprit seine Unwürdigkeit mehrfach belegt haben, zeigen nun Symptome post­traumatischer Störung: Zuerst noch der Triumph, endich ist er weg, aber dann eben diese innere Leere, dieses leicht depressive Gefühl, das man immer nach dem unblutigen Absetzen eines Staats­ober­haupts hat. Ja, in Frankreich, damals, nach dem Sturm auf die Bastille, da war das noch anders, weg mit den ab­ge­wirt­schaf­teten Spitzen des Staats und dann den neuen Menschen schaffen.

Ganz so hat das nicht geklappt und so kehren wir alle reumütig wieder an unsere Arbeits­plätze zurück. Stellen die virtuellen Mistgabel und Dreschflegel wieder in den Schrank und verfolgen voll Entsetzen, daß ein Kandidat nach dem anderen absagt. Wirklich geeignete Menschen waren durchaus im Gespräch – sie sagten genauso ab wie die weniger geeigneten. Erstaunlich, daß sich dann doch ein Kandidat gefunden hat – und ein guter noch dazu, einer, den wir schon beim letzten Mal wollten.

Und was passiert als nächstes?  Weiterlesen »

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