Du sollst nicht lügen
Interessant! Einer etwas angegilbten F.A.S. entnehme ich, dass man in Amerika festgestellt hat, dass Manager es mit der Wahrheit genauer nehmen, seit sie Bilanzen nicht nur unterschreiben, sondern auch darauf einen Eid leisten müssen.
Zunächst möchte man meinen, das mit dem Zwang zu schwören sei ja dann eine gute Idee. Dann trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Jetzt verstehe ich das 3. Gebot:
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnütz gebrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.
Keine Sorge, ich predige jetzt nicht. Ich bin kein Theologe. Auch mit meiner Berufung ist es nicht weit her. Aber ich habe halt mal Religionsunterricht gehabt in der Schule. Dort haben wir auch den Kleinen Katechismus gelesen. Da stand drin zu diesem Gebot (was bei Luther das zweite war, nicht das dritte, aber das ist eine andere Geschichte):
Was heißt das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir bei seinem Namen nicht fluchen, schwören, zaubern, lügen oder trügen, sondern denselben in allen Nöten anrufen, beten, loben und danken.
Eindeutig ist schwören also unerwünscht. Das mag heute anders gesehen werden, aber ich habe exakt das empfunden: Wenn ein Manager weniger lügt, weil er schwören muss, dann hat er bereits gegen das Gebot „Du sollst nicht lügen“ verstossen.
Was heisst eigentlich „unterschreiben“? Bei einer Unterschrift setze ich meinen Namen unter eine Aussage. Das heisst, ich bürge für die Wahrhaftigkeit dessen, was ich da sage. Und wäre ich Gott, mir würde es missfallen, meinen Namen von jemandem erwähnt zu hören, dem nicht einmal sein eigener Namen heilig ist.
Oder kürzer: Es muss möglich sein, Leute einfach so auf die Wahrheit zu verpflichten. Wieso ist ein Meineid schlimmer als eine „normale Lüge“?
Im Sinne dieses Gebots und Luthers ist hingegen das berüchtigte Schwörerdeutsch kein Problem, denn,
Ey, Alter, da kommt Gott nicht vor, ich schwör!
Ich will aber niemanden auf die Folter spannen, was es mit der Numerierung der Gebote auf sich hat, also noch schnell die Auflösung: Im „Original“, also in der Bibel, ist es bereits nicht mehr einheitlich numeriert, die Gebote kommen mehrmals vor, immer ohne Numerierung, aber zumindest in Absätzen, die man ja zählen könnte. In diversen Katechismen (z.B. bei Luther) steht übereinstimmend, dass das zweite Gebot, welches das ist, dass man von Gott keine Bilder anfertigen solle, eigentlich nicht wichtig genug sei, eine eigene Ziffer zu haben. Dafür konnte man das 10. Gebot splitten, nach dem man den Besitz eines anderen (Mannes, so wie sich das anhört) nicht begehren darf, nämlich sein Weib, Haus, Kind, Knechte, Mägde, Vieh etc. etc, , also alles, was sein ist. Hier konnte man die Frau abtrennen und ihr ein eigenes Gebot basteln, das dann das neunte war: Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Weib. Den Frauen hat es sicher gefallen, aus der Inventarliste zu schwinden – das war ja auch alles andere als charmant, in einem Atemzug mit Ochs, Esel und Äckern genannt zu werden.
Ein Kunstgriff also. Aber: Ist es nur mir in langweiligen Stunden des Religionsunterrichts aufgefallen, dass das völlig redundat ist? Ehebrechen darf man doch eh nicht….
Freitag 29. Oktober 2010 um 13:12
[…] Mit der Reformation, hauptsächlich in den Niederlanden und in der Schweiz, wurde ein Gebot wieder ausgegraben, das in den 10 Geboten enthalten ist, aber von der katholischen Kirche auffällig ignoriert wurde: Das Bilderverbot, worüber hier schon mal was zu lesen war. […]