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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Sonntag 14. Dezember 2008

Das Recht ohne Macht ist machtlos - die Macht ohne Recht ist tyrannisch. Also muß man dafür sorgen, daß das was Recht ist, mächtig und das was mächtig ist, gerecht sei.
Blaise Pascal

 

Bopaboo!

Interessanter Ansatz: Was ist Ihnen lieber, jahrelang ins Gefängnis gehen oder ein bisschen Geld bekommen? Triviale Frage, klare Sache, wer so fragt, von dem nimmt man dann lieber doch kein Geld. Ein bißchen ist das in unserer Psyche begründet – je klarer der Fall zu sein scheint, desto misstrauischer wird man. Die Überlegung reduziert sich auf die Frage: wo ist der Haken?

Die Site www.bopaboo.com wirbt jedenfalls mit dem Slogan

stop illegally sharing and start legally selling!

Um was geht es? Hinter bopaboo.com verbirgt sich ein Portal, auf dem man „gebrauchte“ MP3-Files kaufen und verkaufen kann. Nun, ich stelle mir gerade vor, wie man sich „Gebrauchsspuren“ auf einem MP3-File vorstellen soll. Aber das ist nicht die einzige Überraschung, die einen erwartet. Abenteuerlich ist auch die Definition von „selling“. Man erwirbt nämlich kein Geld für seine Musikstücke, sondern nur virtuelles Geld, das man ausschließlich zum Erwerb von Musikstücken auf eben diesem Server verwenden kann.

Das alles klingt jedenfalls nach einer großen Herausforderung für den inneren Schweinehund. Denn eines ist klar, der Verkauf eines MP3-Files ist sicher nicht legal, wenn man eine Kopie verkauft und die andere behält. Das steht übrigens beim Verkauf über das Portal im „Kleingedruckten“ – bopaboo.com fordert den Verkäufer auf, alle seine Kopien zu vernichten. Kontrolliert wird das nicht, wie auch.

Ist das schon der Beweis dafür, dass der Handel mit gebrauchten MP3-Files illegal ist, im Gegensatz zur Aussage des Portals? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Wer eine Musik-CD hat, kann sie weiterverkaufen. Oder tauschen, meine CD gegen deine CD. Wäre das verboten, müßte eBay und Amazon einen großen Teil des über sie abgewickelten Handels sperren. Dagegen hat keiner was, und doch kann man ja eine CD noch schnell kopieren, bevor man sie weitergibt. 

Wie dem auch sei, wir haben es mit der Musikindustrie zu tun, über die hier schon ein paar mal berichtet wurde. Man muss nicht weit hinter die Kulissen schauen, schon sieht man, wie argumentiert wird. Der Käufer eines Musikstücks im Digitalformat hat nur das Recht erworben, die Musik anzuhören, sie privat vorzuführen und für den Privatgebrauch Kopien anzufertigen. Nicht erworben hat das Recht, die Musik zu vervielfältigen, um sie weiterzuverkaufen. Um diese Einschränkungen auch durchzusetzen, gibt es „DRM“ – das digital rights management. DRM-geschützte MP3-Files dürfen aber nicht über das Portal verkauft werden. Das verbietet das Portal selbst in seinen AGB, wohl auf Anraten der Hausjuristen dort.

Da aber nun heute alle MP3-Files, die man kaufen kann, DRM-geschützt sind, dürfte man unternehmenskonform nur noch drei Sorten Dateien finden auf dem Server: Selbst produzierte Musik, selbst kopierte Musik, und zwar von CD o.ä. oder aber Musik mit deaktiviertem Kopierschutz. Gehen wir davon aus, dass das Angbot an selbst produzierter Musik auf dem Server überschaubar sein dürfte. Wir erinnern uns: man kann erzielte Einkünfte nur auf dem Server wieder ausgeben, nicht jedoch in Geld umwandeln. Bleiben also Kopien, die verkauft werden. Eine Kopie einer CD zu verkaufen und dann die CD (das Original also!) zu vernichten wäre dumm, bekommt man doch für die gebrauchte CD bei Amazone mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr.

Bleiben also nur MP3-Files mit deaktiviertem DRM. Ist Deaktivieren illegal? Hier scheiden sich die Geister. Ich meine, das kommt darauf an (auch wenn ich kein Jurist bin). Wenn ich eine Datei erwerbe, so kann ich auf technischer Ebene damit machen, was ich will. Ich darf die Daten verändern, zum Beispiel darf ich sie in ein Zip-Archiv stecken. Oder sie auf ein Backup-Band schreiben. Oder aus einem .wav ein .mp3 machen. Oder aus einem .m4a.

Obwohl: Darf ich das wirklich? m4a ist eines der iTunes-Formate. Wer wird mir wirksam verbieten, daraus ein freies MP3 zu machen? Ich habe das Recht erworben, die Datei zu hören, vielleicht habe ich ja auch noch irgendwo einen alten MP3-Player rumliegen, der sich nicht mit dem DRM von iTunes auskennt… Audio-CDs darf ich ja schliesslich auch brennen davon. Aber nicht weiterverkaufen, dazu bedarf es keines gesonderten juristischen Scharfsinns. Vielleicht sollte ich mir mal die iTunes-Store-Verkaufsbedingungen durchlesen… da steht nichts zu dem Thema drin, außer, daß auch die iTunes-Store-Dienstleistungsbedingungen gelten. Und daß ich die auch anerkennen muß. Da stehen dann aber völlig unverständliche Dinge. Und wir wissen ja, je unverständlicher, desto unwirksamer. Aber da steht dann auch:

Es ist Ihnen gestattet, Produkte von mindesten einem autorisierten iTunes-Gerät auf Geräte mit manuellem Synchronisierungsmodus manuell zu synchronisieren, soweit das betreffende Produkt auf dem ursprünglich autorisierten iTunes-Gerät mit einem Konto assoziiert ist; in diesem Zusammenhang ist das ursprünglich autorisierte iTunes-Gerät dasjenige Gerät, das zuerst mit diesem Gerät synchronisiert wurde, oder dasjenige Gerät, das Sie danach als das Gerät ausgewählt haben, mit dem die iTunes-Applikationen primär genutzt werden.

Ok. Wozu das lange Reden? Ich darf Musik, die ich gekauft habe, anhören, mit was ich will. Und weiterverkaufen? Das geht doch mit gesundem Menschenverstand, und der sagt zum Weiterverkauf von MP3-Files und der Behauptung, das sei alles nicht illegal:

Nice try

 

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