Verstaatlicht die Bahn!
Endlich ein Politiker, der Mumm hat. Viele denken es, viele spüren es, und Herr Ramsauer spricht es aus: Ein Börsengang der Deutschen Bahn kommt für ihn derzeit nicht in Frage. Er sagt, er sei nicht bereit, volkswirtschaftliches Vermögen zu verschleudern. Gleichzeitig macht er die Privatisierungspläne auch für die Qualitätsmängel verantwortlich.
Bravo. So etwas hört sich nach Opposition an, aber es kommt von der Regierung, genauer von der CSU, vom derzeit amtierenden Bundesverkehrsminister. Wobei die CSU in Bayern ja früher traditionell, wie Spötter sagen, neben der Regierung auch die einzige ernstzunehmende Opposition gestellt hat. Aber bleiben wir bei der Bahn. Sie ist nicht reif für die Börse und wird es vermutlich nie werden. Eine mutige Ansicht zu Zeiten, wo sich das Verscherbeln von Staatseigentum zum kurzfristigen Stopfen von Löchern im Staatshaushalt zur Standardmethode gewandelt hat. Also: Schluß mit der Privatisierung der Bahn?
Eine Rückbesinnung auf einen „Staatsauftrag“ hätte viele Vorteile. Keine Gewinnmaximierung für Aktionäre, sondern ein ökologisch sinnvolles Vekehrsmittel für die Massen, notfalls eben mit passenden Zuschüssen, vielleicht aus dem Individualverkehr. Keine renditebedingten Streckenstillegungen mehr, kein Tarifdschungel, und wenn Qualitätsprobleme auftreten, dann bitte, weil jemand geschlampt hat und nicht, weil zugunsten einer Dividende gespart werden mußte.
Man darf überzeugt sein, daß solche Ansichten heute noch nicht einmal nur die Mindermeinung repräsentieren, auch bei den Damen und Herren Politikern. Der eingeschlagene Weg hatte einst so verheißungsvoll gewirkt: Durch Privatisierung und Wettbewerb sänken die Kosten und stiege die Qualität. Schwund und Schlamperei seien in einem Wirtschaftsunternehmen leichter zu bekämpfen als in einem konkurrenzlosen Staatsbetrieb. So hieß es mal.
Das hat nicht wirklich funktioniert. In vielen Bereichen ist die Bahn sogar ausgesprochen unattraktiv geworden. Das kann man ihr auch nicht wirklich vorwerfen – es kommt auf die Ziele an, die man den Strategen eines Unternehmens setzt. Daher ist es auch weiterhin unangebracht, auf Herrn Mehdorn herumzuhacken, hat er doch nur umgesetzt, was seine Vorgaben waren. Es bleibt zu hoffen, daß angesichts der geänderten Ziele mit seinem Nachfolger fairer umgegangen wird. Wenn das auch noch passiert, hat sich gezeigt, daß der Herr Bundesminister Ramsauer unseren Respekt wirklich verdient.
Es gibt einen jüdischen Witz, der das Dilemma illustriert: Max Kohn, frisch angekommen in New York, bekommt eine Stellung als Busfahrer. Er fährt den 46er in Queens, zwischen Kew Gardes und dem Jewish Hospital in Glen Oaks. Ein paar Tage geht das gut, aber er wird von Tag zu Tag mürrischer. Eines Tages aber kommt er vier geschlagene Stunden später zum Busdepot zurück und strahlt über das ganze Gesicht. Befragt, was los sei, antwortet er: „Die alte Route war Mist. Heute wollt ich es wissen, bin nach Manhatten gefahren, immer die Lexington Avenue rauf und runter. Ich sag’s Euch: Ich hatte mittags schon mehr eingenommen als auf der alten Route den ganzen Tag über… a Goldgrube!“
Und damit meinte er nicht den Ort mit der
Postleitzahl 56073!
Bildquelle: www.peter-ramsauer.de
Dienstag 16. Februar 2010 um 08:22
[…] Gestern stellte sich noch die Frage, ob die Bahn jemals börsenfähig würde. […]