Alle Jahre wieder: Die Vorratsdatenspeicherung
Wissen Sie noch, was Ihanizuven waren? Richtig, das waren die „Ich-hab-nichts-zu-verbergen“-Mitbürger, über die ich hier schon berichtet habe. Lustigerweise sind das oft dieselben, die sich über Google echauffieren, denn was der Staat machen will, darf die Wirtschaft noch lange nicht. Höchstens die amerikanische im Umweg über ihren Geheimdienst, aber SWIFT ist ein Kapitel für sich. Ihanizuven verstehen jedenfalls nicht, was gegen die Vorratsdatenspeicherung spricht.
Worum geht es da? Wer auch immer gerade Innenminister ist, will, daß alle Daten von allen Menschen im Netz recherchierbar bleiben. Das ist nicht per se verwerflich, das kann man durchaus zunächst begründen: Das Internet als Tatort ist ein forensischer Alptraum. Bei vielen Delikten gibt es sofort nach der Tat keine Zeugen und keine Spuren mehr. Daher der Wunsch, eben diese Spuren künstlich warmzuhalten. Dabei muß man in Kauf nehmen, daß man, eben auf Vorrat, alle Daten aller Passanten speichert, was angesichts der sonst nicht aufzuklärenden Vergehen eben hingenommen werden muß.
Wer das logisch findet, muß aber weiterdenken. Das wirkliche Leben darf kein rechtsfreier Raum sein. Es würde die Arbeit der Polizei stark vereinfachen, wenn der neue Personalausweis nicht etwa als Kärtchen ausgegeben würde, sondern als Implantat. Ein kleiner RFiD-Chip, hinter dem Schulterblatt, und flächendeckend Scanner in ganz Deutschland. Dann wüsste man immer, wer wo ist, wer wo wann war und in Kombination mit Wärmescannern, wo sich Subjekte aufhalten, die keinen Ausweis tragen, also Ausländer sind oder Illegale oder beides.
Einerseits wäre das der Durchbruch in der Terrorismusbekämpfung, andererseits könnte man sich eine Menge Polizeiarbeit erleichtern. Nie wieder das lästige Fragen „wo waren Sie am Abend des soudsovielten“ – nein, ein kleiner Blick in die gesamtdeutschen Bewegungsprotokolle und schon kann man die Ermittlungen auf die wirklich Verdächtigen konzentrieren. Das wäre so gut, da bräuchte man die Internetbewegungsdaten nicht mehr.
Das geht nicht? Aber wo ist der Unterschied? Bleiben wir bei dem Bild des Tatorts. Im Grunde ist das Internet eine Großstadt, mit Inseln, zu denen nicht jeder Zutritt hat, und auch mit Inseln, auf denen jeder über die Identität eines jeden Bescheid weiß. An anderen Stellen allerdings ist das Internet eher eine übel beleumundete Hafengegend, wo man schräge Vögel trifft und wo man sicher seine Kinder nicht ohne Aufsicht lassen wird.
Kurz: Das Internet ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Manche Vergehen werden durch das Internet erst im großen Stil möglich, so wie Urheberrechtsverletzungen und anonyme Diffamierungen. Für Betrüger ist das Internet sicher auch hilfreich. Manche Vergehen werden durch das Internet erst für die Öffentlichkeit sichtbar, wie illegale Pornographie und Radikalismus, die es beide auch ohne Internet gäbe, aber eben unbemerkter.
Aber die beruhigende Nachricht bleibt: Die schlimmen und gewalttätigen Verbrechen werden nicht im Internet begangen, sondern im wirklichen Leben. Was wieder für das Chip-Implantat spricht –
oder?
Dienstag 16. November 2010 um 19:08
[…] This post was mentioned on Twitter by Reizzentrum, Sebastian v. Bomhard. Sebastian v. Bomhard said: SvBBlog: Vorratsdatenspeicherung, wieso eigentlich nicht? #vds – http://tinyurl.com/39jc2c4 […]