Vorratsdatenspeicherung
Über Vorratsdatenspeicherung habe ich schon lange nichts mehr geschrieben, das letzte mal vermutlich hier. Mein Lieblingsartikel zu dem Thema ist der hier. Ich will mich da jetzt nicht wiederholen. Nun waren gerade die Koalitionsverhandlungen und das Thema wurde schon wieder aufgegriffen, aber ich wollte nicht schon kritisieren, bevor die neue Regierung die Arbeit aufgenommen hätte.
Oder, ehrlicher, ich wollte schon, aber jemandem wie Juli Zeh überlasse ich da gerne den Vortritt. Am 9. Dezember versammelte sie 560 Schriftsteller mit dem Aufruf, die Demokratie zu verteidigen – nachlesbar in 31 Zeitungen, zum Beispiel der FAZ oder auf Facebook, am 9. Dezember in der Timeline von Juli Zeh.
Schmankerl am Rande: Sigmar Gabriel „liked“ das. Es gefällt ihm, schreibt er. Ein gewisser Erik P. Hauth flippt fast aus und antwortet ihm:
Diese Menschen haben gegen DEINE POLITIK gezeichnet, Du Pfeife!
Das wiederum liken innerhalb von 4 Stunden 856 Menschen. Eine interessante Diskussion schließt sich an, man ist sich einig, es hieße „SIE Pfeife“, ansonsten sei es richtig, und es wird vorgeschlagen, nur noch von Vorratspfeifenspeicherung zu reden.
Das Thema erhitzt die Gemüter, vor allem, weil sich nur wenige Menschen hier auskennen und aus gewissen Kreisen ein hohes Interesse an der Datensammelei besteht. Ich erinnere mich noch gut an einen Artikel im Spiegel 2012:
Leutheusser-Schnarrenberger (…) bleibt bei ihrem Vorschlag, vorhandene Telekommunikationsdaten im Wesentlichen nur in konkreten Verdachtsfällen speichern zu lassen (Quick Freeze) und den Ermittlern bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Für Internetdaten schlägt sie eine anlasslose Speicherung vor – allerdings lediglich für eine Woche. Das geht der Union und Innenminister Friedrich nicht weit genug.
Auch die EU-Kommission hatte zuletzt klargemacht, dass ihr das Quick-Freeze-Verfahren nicht reiche und Deutschland mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht. Diese Klage wird nun immer wahrscheinlicher, Strafzahlungen in Millionenhöhe drohen.
Riesengeschrei, klar, mit überschnappender Stimme wurde die Justizministerin beschimpft, sie dränge Deutschland in eine Abseitsposition oder gar in die Isolation, und riskiere Strafzahlungen in Millionenhöhe. Dabei verhallte recht ungehört, daß „Strafzahlungen in Millionenhöhe“ in etwa die Währung der EU ist, zur selben Zeit waren etwa 40 weitere Verfahren gegen Deutschland anhängig. Vermutlich gibt es vergleichbare Zahlen für vergleichbare Länder, aber das war damals egal. Hauptsache, man rückt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder kurz SLS, wie ihr Freunde sie nennen, in die Nähe von rücksichtslosen Prinzipienreitern.
Wobei das mit den Prinzipien nicht schlecht ist, wenn es um unser Grundgesetz geht, daher der Zusatz der „Rücksichtslosigkeit“.
Nun lesen wir wieder Spiegel 2013:
Es ist ein wichtiger Etappensieg für den Datenschutz: In einem Gutachten erteilt EU-Generalanwalt Cruz Villalón der umstrittenen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eine klare Absage. Die Chancen steigen, dass der Europäische Gerichtshof die Regelung kippt.
Ich speichere viel auf Vorrat. Viel und gern. Vor allem sammle ich, was Leute sagen, damit mir diese spezielle Sorte Mensch nicht nach einem Jahr kommen kann und behaupten, irgendetwas „schon immer“ gesagt oder, auch recht beliebt, „nie so gesagt“ zu haben.
Es stellt sich die Frage, ob die Menschen sich beim Gedanken an die FDP in späteren Jahren eher an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder an Westerwelle, Möllemann oder Lambsdorff erinnern werden.
Warten wir’s ab.