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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Samstag 19. April 2008

Will man einen Freund haben, so muß man auch für ihn Krieg führen wollen! Und um Krieg zu führen, muß man ein Feind sein können.
Friedrich Wilhelm Nietzsche

 

Gold sammeln

World of WarcraftUm World of Warcraft habe ich lange einen Bogen gemacht. Der ist noch nicht abgeschlossen, soll heißen, ich mache ihn immer noch. Denn ich weiß: Das könnte meine Produktivität für einige Zeit empfindlich schmälern, zumindest die in der Wirklichkeit.

Warum Rollenspiele faszinieren, muss man nicht erklären. Die einen wissen es, die anderen werden es nicht verstehen. Die, die es verstehen, sind meistens Männer. Wieso das so ist? Wer hier eine Antwort von mir erwartet, den muss ich enttäuschen, ich weiß es nicht. Außerdem geht es mir um etwas anderes.

Die wunderbare Welt der Virtualität hat neue Berufe geschaffen. Verständlich noch der Beruf des Gottes. Ein Gott kann sich unsichtbar machen, er kann teleportieren, er kann Waffen mit sich herumtragen, von denen die Sterblichen nicht einmal zu träumen wagen. Natürlich ist er unverwundbar. Und er bekommt Geld dafür. Wie man ein Gott wird? Ganz einfach, man bewirbt sich, stellt sich vor, und wenn man sich eignet, wird man vielleicht genommen. Der Beruf heißt „Gamemaster“ und im Falle der World of Warcraft ist der Arbeitgeber die Softwarefirma „Blizzard„.

Schwieriger bereits der Beruf des Goldfarmers. Dieser ist besonders beliebt in China, bei Blizzard löst er eher Abwehrreaktionen aus. Das ist der Hintergrund: Ein Spieler hat zunächst sicher viel Spaß beim Spielen. Monster erschlagen, Rüstung abnehmen, ins Geschäft laufen, Rüstung verkaufen. Tiger erschlagen, Fell abziehen, ins Geschäft laufen, Fell verkaufen. Das macht Spaß, man sammelt Erfahrung und nebenbei sammelt sich ein Vorrat an Geld an. Den braucht man, um bessere Waffen, Rüstungen, Zaubertränke etc. zu kaufen. Mit der wachsenden Erfahrung ist das so eine Sache. Zum einen wird man tatsächlich schlauer, also vor dem Bildschirm, aber auch die Spielfigur, der sogenannte „Avatar“ oder besser „character“, wird besser. In einem sehr direkten Sinn, er kann stärker zuschlagen, hält mehr aus, trifft mit höherer Wahrscheinlichkeit, lernt neue Fähigkeiten hinzu. Dadurch bleibt das Spiel interessant.

Wie kommt man nun schnell zu Erfahrung? Es gibt drei Möglichkeiten: Man legt sich mit wirklich hochklassigen Monstern an. Dumme Idee. Man ist schnell tot, aber wenn nicht, geht es schnell nach oben, Oder man geht mit Freunden auf die Jagd. Diese sind hoffentlich geduldig, wenn es darum geht, einen Frischling („newbie“) zu babysitten. Kann ja leicht passieren, dass der Newbie nur im Weg steht, sofort von einem Monster erledigt wird und dann für teures Geld reanimiert werden muss (da gibt es Zaubertränke, die kosten aber Geld).

Oder, dritte Variante: Man „farmt“. Klingt blöd, ist aber so. Den Tiger zu erledigen ist eine reine Fingerübung. Rein in den Wald (oder wo auch immer der Tiger ist), bisserl kämpfen, Fell abziehen, ab in die Stadt, Fell verkaufen, wieder zurück in den Wald. Das geschieht in sogenannten Questen, das sind schlicht Aufträge, die man abarbeitet. Dafür gibt es Gold und Erfahrungspunkte. Und hier setzt die Geschäftsidee ein: Ein Farmer verkauft sein Gold oder spezielle Waffen oder gleich seinen hochgezüchteten Character zum Beispiel via Ebay, für echtes Geld. Was das für eine Art Vertrag ist, wäre interessant zu klären, aber ich bin kein Jurist, hier zeigt es sich mal wieder.

Blizzard bemüht sich, die Farmer als solche zu identifizieren und aus dem Netz zu werfen, aber das ist aussichtslos, ein gewiefter Farmer hat eine Reihe von Questen, die er abspielt, bevor ein Gott (siehe oben) seiner ansichtig wird. Und wer so oft seinen character verkauft, kennt sicher ein paar ganz charakterlose Tricks, den Göttern zu entrinnen. Aber das ist alles nichts im Vegleich zu der neuen Bedrohung: Bots.

Ganz normale Reaktion eines offensichtlich existenten Markts. Arbeit, die von Menschen erledigt wird, die aber auch von Software erledigt werden kann, wird unweigerlich auf die Software übergehen, sobald die Software billiger ist als eines Chinesen Arbeitszeit.

Klar, was die Software macht: Sie bekommt einen Character zugeteilt und spielt den weiter, während sein Besitzer arbeitet oder in die Schule geht oder schläft, oder, horribile dictu, echte Menschen trifft im echten Leben. Was es für WoW-Spieler manchmal kaum noch gibt. Die Software: Ein Segen also. Der Anwalt von Blizzard sieht das anders. Das Roboterprogramm (kurz: der Bot) trainiert einen Character auf Level 70 (da will man hin) innerhalb von einem Monat. Das schafft ein Mensch, der bis zur Erschöpfung spielt, nicht in vier Monaten und ein „normaler Süchtiger“ nur in mindestens acht Monaten. Der Süchtige („addict“) zahlt im Monat irgendwas um die 10 Euro, die genaue Summe habe ich nicht im Kopf. Dafür darf er diese Welt betreten. Und davon gehen Blizzard also nach Adam Riese siebzig Euro durch die Lappen.

Und schon wieder keine juristischen Spitzfindigkeiten von mir, ich weiß nicht, wer da Recht hat. Ich finde es nur allein schon faszinierend, dass es überhaupt so weit kommen kann, mit einem

Computerspiel!

 

Ein Kommentar zu “Gold sammeln”

  1. SvB-Blog » Blogarchiv » Spassbremsen sagt:

    […] Sollen virtuelle Einkünfte versteuert werden? Blödsinn oder Realität?? Beispiel IRS… […]

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