Wo ist mein BFG9000?
Das war klar – nach gefühlt 10 Jahren Dauerdiskussion handelt die Politik endlich. Sie hat den „Killerspielen“ den Kampf angesagt. Damit ist endlich ein Schuldiger gefunden. Für alles, was bereits passiert ist und auch gleich für alles, was vielleicht noch passieren wird. Auf N-TV ist beispielsweise zu lesen:
Ausgeballert:
Killerspiele auf dem Index
Jugendlichen wird der Zugang zu gewaltverherrlichenden Filmen und Computerspielen erschwert. Der Bundesrat billigte die Verschärfung des Jugendschutzgesetzes, die damit in Kraft treten kann.
Der Staat kümmert sich um die Jugendlichen, das ist schön. Und er heizt den gewissenlosen Händlern ein:
Ursprünglich hatte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auch den Einsatz jugendlicher Testkäufer geplant. Damit sollten Händler überführt werden, die Schnaps, Zigaretten oder Gewaltvideos unerlaubt an minderjährige Kunden verkaufen. Nach heftiger Kritik von SPD und Opposition war dieser Vorschlag aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden. Der Einsatz von jugendlichen Testkäufern bleibt damit weiter den Ländern überlassen.
Das steht da wirklich. Die Bundesfamilienministerin wollte Jugendliche als Informanten einsetzen. Heißen die eigentlich immer noch „IM“? Und nun, wo die Ministerin weiß, dass das nicht geht, wird es den Ländern überlassen. Das heißt, die machen das am Ende noch! Herr Beckstein ist nicht für seine Skrupel in dieser Sache bekannt.
Wer glaubt, Jugendliche vor im Grunde harmlosen, aber nicht unblutigen Computerspielen bewahren zu müssen, sie aber dazu einsetzt, den netten Mann im Kiosk auszuspähen, der dann vielleicht nicht mehr so nett ist, der sollte mal über eine Auszeit nachdenken. Im Ernst. Man muss Kindern nicht beibringen, dass die meisten Leute ihnen alles für Geld verkaufen. Oder opfert man bewusst die Testkäufer für all die anderen Kinder? Wobei die sich sicher schon davon abschrecken lassen, dass es doch verboten ist, Gewaltvideos zu verkaufen.
Die Schweizer führen derzeit eine ähnliche Diskussion. Aber, wie so oft, viel unaufgeregter. Der Artikel in der NZZ spricht sich gegen ein generelles Verbot, aber durchaus für ein Verbot bei Kindern aus. Dies aber so besonnen, dass man dann sich nicht abgeschreckt fühlt, darüber nachzudenken. Aber auch nach reiflicher Überlegung steht fest: Viel wirkungsvoller als ein staatliches Verbot ist immer noch ein intaktes Elternhaus. Nicht nur in der Schweiz. Und dazu liest man, immer noch in der NZZ, am besten einen „Insiderkommentar“:
Xavier Kolly (9. Juni 2008, 17:42)
Gesetzte nützen hier nichts
Weder ein Verbot oder ein Jugendschutz werden in diesem Fall etwas bringen, denn das Herunterladen von Computerspielen aus dem Internet ist derart einfach, dass auch ein 12 Jähriger ohne grössere Probleme im Stande ist dies zu tun.
Und zu dieser Angst Computerspiele mache aus Kinder Amokläufer: Ich bin 19 und wie viele meiner Freunde spiele ich seit etwa 10 Jahren Killerspiele und keiner von uns hat sich zum Amokläufer oder zum Schläger entwickelt.
Von miraus gesehen ist die ganze Sache mit der Gefahr der Computerspiele von sachunkundigen Psychologen und Politikern aufgebauscht worden, um ein bisschen Aufmerksamkeit in den Medien zu bekommen.
Das klingt authentisch. Die Tippfehler tragen ebenso zur Glaubwürdigkeit bei, wie die für Politiker so wenig schmeichelhafte Schlussfolgerung.
Erfurt und Emsdetten sind passiert. Und es fällt schwer, gegen Leute zu argumentieren, die behaupten, derartige Ereignisse zu verhindern sei ihr Ziel. Aber im Ernst: Wer glaubt, dass durch Computerspiele Menschen zu Amokläufern werden können, der glaubt auch, dass man
mit Tetris lernt, wie man einen Koffer packt!
(Quelle: Nicht zu ermitteln. Nicht ich, leider.)
(Bildquelle: Doom Screenshot)