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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Mittwoch 11. Juni 2008

Vor Schelmen, die den Mantel der Gerechtigkeit tragen, vor denen kann kein Mensch sich schützen. Die sind ärger als die schlimmsten Verbrecher und verdienen doppelte Bestrafung.
Friedrich II

 

Sind wir nicht alle ein bißchen kriminell?

Raubkopierer sind VerbrecherViele Deutsche sind Kriminelle und wissen es noch nicht einmal. Wie das passieren konnte? Im April nahm das Verhängnis seinen Lauf: Pro7 und Sat1 strahlten ihr Programm auf einmal mit einem sogenannten Kopierschutzflag aus. Nach ein paar Stunden war der Spuk vorbei, aber ein paar Tage später war es erneut soweit.

Dieses Flag sorgte dafür, dass es bei einer großen Anzahl von Festplattenrekordern nicht mehr möglich war, die Sendungen mitzuschneiden. Oder auch nur die inzwischen unverzichtbare Funktion „Time Shift“ zu verwenden, das zeitversetzte Gucken, das nicht nur erlaubt, mitten im spannenden Krimi ein Telephonat anzunehmen, sondern auch, öde Werbepausen einfach zu überspringen.

Das Misstrauen gegenüber den Privatsendern sitzt tief. Die betroffene Sendergruppe hat es immerhin auch in Kauf genommen, nur für ihre Werbeprofite auf der Sympathieskala den freien Fall zu proben. Immerhin ist es ihnen mal gelungen, die bis dahin beliebtesten Sender Bayerns auszusperren. Die Rede ist von FS1 und FS2, den beiden österreichischen Programmen, werbefrei ab 20h.

Und nun also der neue Trick 17 – wenn das Kopierschutzsignal gesendet wird, muss man Kühlschrank- oder Pinkelpausen wieder genau dann einplanen, wenn die Werbepause ist, und bei spannenden Filmen das Telephon aushängen. Kein Wunder also, dass einige Medienjournalisten und die meisten Blogger, die sich des Themas annahmen, von Vorsatz ausgehen. Die ProSieben.Sat1-Gruppe war sehr bemüht, die Sache als Fehler zu erklären. Das Signal wurde inzwischen nicht mehr aktiviert. Vielleicht stimmt das also mit der Panne, das Gegenteil konnte keiner beweisen.

Einige wissen nun nicht, wovon die Rede ist. Eine große Anzahl Festplattenrekorder verarbeitet dieses ominöse Signal nicht. Ihr Besitzer haben nichtsahnend die Werbepausen übersprungen wie sonst auch. Und genau das ist verboten. Die Musikindustrie zieht es durch, mit zehntausenden von Abmahnungen: Wer einen Kopierschutz umgeht, macht sich strafbar. Auch wenn der Kopierschutz gnadenlos schlecht ist. Oder wenn man ihn beim Überwinden kaum wahrnimmt. Aber am Sachverhalt ist wohl nichts zu deuteln. Nachzulesen beispielsweise bei Wikipedia:

Nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz ist es seit dem 13. September 2003 verboten, „wirksame technische Maßnahmen“, die das Kopieren verhindern, zu umgehen (§ 95a Abs. 1 UrhG). Auch die Herstellung und Verbreitung von Programmen und sonstigen Hilfsmitteln, die der Umgehung dienen, sind verboten (§ 95a Abs. 3 UrhG). Verstöße, die nicht zum eigenen privaten Gebrauch geschehen, können als Straftaten (§ 108b UrhG) oder Ordnungswidrigkeiten (§ 111a UrhG) verfolgbar sein.

Wann ein Schutz „wirksam“ ist, ist trotz der gesetzlichen Definition in § 95a Abs. 2 UrhG unter Juristen umstritten. Grundsätzlich jedoch werden Mechanismen, die eine Verschlüsselung beliebiger Art, sei sie noch so unwirksam, verwenden, schlicht als wirksam definiert (siehe eben diesen Absatz im UrhG).

Beim vorliegenden Fall bewirkt das Kopierschutzflag die Verschlüsselung des Signals. Also ein wirksamer Kopierschutz. Die Frage, ob ProSiebenSat.1 absichtlich verschlüsselt, spielt keine Rolle. Zu früh gejubelt hat der, der sich eben noch freute, dass sein Rekorder das Signal ignoriert.

So schnell macht man sich strafbar.

(Bildquelle: www.hartabergerecht.de)

 

3 Kommentare zu “Sind wir nicht alle ein bißchen kriminell?”

  1. SvB-Blog » Blogarchiv » Piraten ohne Schiff sagt:

    […] den anderen Industrien. Der wirksamste Schutz der Investitionen wird nicht eine Drohkulisse und die Kriminalisierung der Kunden sein. Wirksam wird allein die Kreativität sein. iTunes führt vor, dass man für ein Musikstück […]

  2. SvB-Blog » Blogarchiv » Ablenkungsmanöver sagt:

    […] falsche Ver­dächti­gungen gibt es genug. Auch sollte man über die Typisierung der Täter kurz nach­denken. Aber das kümmert die Musikindustrie […]

  3. SvB-Blog » Blogarchiv » Alter Schwede sagt:

    […] überflüssiger Daten. Auf die die Musikindustrie direkt Zugriff bekommen soll, um ihre “Räuber” und “Piraten” zu fangen. Bei uns bedarf es des Umwegs über Europa nicht. Manche […]

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