Die Rettung Europas
Europa ist unbestritten eine bewegende Angelegenheit. Die Generationen in Deutschland, die zwischen 1930 und 1950 geboren wurden, haben ein besonderes Verhältnis zur EU. Sie waren erschüttert durch die unverschuldete Kriegs- und Nachkriegserfahrung. Sie waren enttäuscht und entsetzt vom Deutschen Reich und der Idee der Nation. So überrascht es nicht, dass auch und vielleicht besonders Deutsche als Motor für die immer engere Verschmelzung der Länder in Europa aktiv waren. Hintergrund war vor allem der Gedanke an ein nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch vereintes Europa, in dem qua constructione auch keine Kriege mehr möglich sein würden.
Wie geschichtslos, kleinlich und uninformiert sind dagegen Menschen, die sich diesem Wunsch nicht anschließen wollen! Haben wir gestern also zu Unrecht den Iren Respekt versprochen für ihre Entscheidung? Ursprünglich hätte heute an dieser Stelle eine kritische Beleuchtung der Europagegner stehen sollen. Ihre Demagogie zu entlarven, ihre selbstsüchtigen Argumente bloßzustellen. Es ist so einfach, mit Gurken und Bananen die grossen Errungenschaften der EU ins Lächerliche zu ziehen. Aber dann dieses Desaster: Die EU „schafft die Glühbirnen ab“. Europaweit.
Es soll hier nicht um die Sache gehen. Natürlich kann man überlegen, ob es ökologisch tatsächlich besser ist, quecksilberhaltige Sparlampen vorzuschreiben, die nur im Sondermüll entsorgt werden dürfen. Natürlich ist es fragwürdig, das über Abgaben zu regeln – Glühbirnen kosten in Zukunft also wohl Steuern. Grenzwertig ist es auch, in diesem Zusammenhang anzuregen, den Kaminkehrern europaweit Überwachungsaufgaben und die dazu passenden Befugnisse zu übertragen, wenn schon nicht für die Glühbirnen, so doch darauf, ob jeder Hausbesitzer zwischen Estoril und Dorpat auch ja energiesparende Heizungen einsetzt.
Selbstverständlich könnte man einwenden, dass man bereits viel einsparen könnte, wenn man aufhören würde, nachts Gebäude anzustrahlen. Man könnte auch die Flutlichtanlagen beim Fussball einsparen – die Leute sollen tags kicken, da ist es kostenlos hell. Schneekanonen? Laubbläser? Standby-Knöpfe an Elektrogeräten? Es gibt viel zu tun. Aber, und diese Frage drängt sich inzwischen täglich auf, warum muss das gleich wieder für alle Europäer identisch geregelt werden? Um den Glühbirnenherstellern das Leben leichter zu machen? Um zu verhindern, dass deutsche Energiesparlampenverweigerer sich im benachbarten Ausland eindecken? Die EU sind nicht die einzigen Vereinigten Staaten der Welt. Der europäische Staatenbund ist aber sicher erheblich lockerer als der der USA. Und doch schaffen die Amerikaner es, solche Dinge den Bundesstaaten zu überlassen. Kalifornien legt mehr Wert auf Umwelt als andere. Arizona hat liberalere Waffengesetze als New York. Alles reine Ländersache, selbst die Todesstrafe, das vielleicht krasseste Beispiel.
Vielleicht ist es das schon. Europa sollte sich einfach mal Nachhilfe in Föderalismus gönnen. Wenn es dann konkreter wird, würde ich allerdings
auf deutsche Berater verzichten…
(Bildquelle: www.netzheimer.de)