Lukrativer Beruf: Hilfssheriff
Was es alles gibt: www.steuerverrat.de. Ein geniales Geschäftsmodell? Oder Ersatzbefriedigung für derzeit arbeitslose Stasispitzel? Schauen wir genauer hin….
Die Fa. Steuerverrat GbR übernimmt alle notwendigen Schritte für Sie. Wir werten Ihre (anonymisierten) Beweise aus und bieten Ihr Wissen den Finanzbehörden an. Wir handeln streng vertraulich.
Und: Wir arbeiten ausschließlich auf Erfolgsbasis. Von den erzielten „Belohnungen“ behalten wir lediglich einen Anteil von 15% – der Rest ist für Sie.
Da stockt einem der Atem. Ist das legal? Belohnungen müssen doch konkret „ausgesetzt“ werden, wobei klar benannt ist, wann der Belohnungsfall eintritt. Etwa bei „Hinweisen, die zur Ergreifung der Täter führen“ – eine Formulierung, die einigen von uns aus den 70ern noch sehr vertraut ist. Aber andererseits… daß hier ein Markt bereitsteht, den man beackern kann, wissen wir spätestens, seitdem Preise durchsickern, wir erinnern uns…
Es stand schon vor einem Monat in der Welt. Dort ist auch nachzulesen, dass es keineswegs neu ist, daß man via Internet Steuersünder verpfeifen kann. Neu ist lediglich, daß man nun dafür vielleicht Geld bekommt. Aber ist das alles nun illegal? Wohl kaum, Straftäter einzuliefern, um sich Vorteile zu verschaffen, kann ja wohl schlecht verboten werden. Dafür Belohnungen zu verlangen schon eher. Doch die Drohung, Mitwisser ohne Belohnung einfach durch Beugehaft gesprächig zu machen ist zahnlos – die Daten werden anonymisiert und nur über Rechtsanwälte weitergeleitet. Und wenn das auch nicht geht, kommen eben keine Daten mehr und der Staat muß wieder überteuerte CDs vom BND ankaufen lassen.
Das schlimme ist also nicht, daß so ein Blockwartsystem juristisch heute möglich ist. Das schlimme ist die Moral oder das Fehlen einer solchen dahinter, denn jedem sollte es ein Bedürfnis sein, Straftaten bereits im Interesse der Gesellschaft zu verhindern und, ist dies nicht möglich, sie hilfsweise nur aufzudecken. Das ist nicht nur eine Frage der Qualität der Gesellschaft, es ist auch die Frage, bei welchen Delikten eine Gesellschaft den Konsens in der Ablehnung erreicht hat.
Das schlimmste ist ergo, daß es das Thema überhaupt gibt, und das liegt daran, dass es so viele Steuersünder gibt.
Mehr Steuergerechtigkeit, sinnvollere und transparentere Verwendung von Steuergeldern, Stärkung oder gar Schaffung staatsbürgerlichen Bewußtseins – und schon gibt es für solch dubiose Firmen nichts mehr zu tun. Das ist aber in weiter Ferne, denn schon gibt es einen erfolgversprechenden Ableger der Firma,
kartellverrat.de
Freitag 25. Juli 2008 um 11:01
Bei aller Anrüchigkeit: Das der Staat prinzipiell bereit ist, Belohnungen für Denunzianten zu zahlen, steht seit der „Liechtenstein-Kieber-DVD“ Affäre fest. Jetzt kann man anderen Denunzianten Belohnungen schlecht verwehren. Wo bliebe da die Gerechtigkeit? Immerhin gilt immer noch das Gleichbehandlungsprinzip.
Vielleicht (hoffentlich!) wird die Regierung nun gezwungen, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen. Die Frage ist, ob, wie, von wem, unter welchen Bedingungen und für wie viel Geld der Staat Informationen prinzipiell kauft. Unter dem Druck der Öffentlichkeit wird die Politik dann möglicherweise eine komplette Absage an dieses Konzept erteilen.
Weniger kritisch sehe ich das Thema „Kartellverrat“. Angesichts der wie von Zauberhand überall gleich steigenden Preise für Energie, Kaffee etc. liegt der Verdacht schon sehr nahe, dass es jede Menge illegale Absprachen zwischen den großen „Playern“ gibt. Die Mitwisser schaden sich selbst, wenn sie reden (der Job ist dann wohl weg). Hier könnten Belohnungen wirklich Sinn machen – das Kartellamt könnte diese Hinweise sicher gut gebrauchen. Ob man aber dazu einen „Makler“ braucht… bei einer gesetzlichen Regelung der Belohnung könnten sich Informanten auch direkt an die Behörden wenden.
Ich glaube eigentlich nicht an den wirtschaftlichen Erfolg der Firma „Steuerverrat“ – aber möglicherweise dient das provokante Auftreten letztlich der raschen politischen Richtungsfindung. Und das ist meiner Meinung nach wirklich notwendig.