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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Freitag 18. Juli 2008

Proditionem amo, sed non laudo proditorem (Ich liebe den Verrat, aber den Verräter lobe ich nicht)
Gaius Iulius Cäsar

 

Lukrativer Beruf: Hilfssheriff

Steuerverrat.deWas es alles gibt: www.steuerverrat.de. Ein geniales Geschäfts­modell? Oder Ersatz­be­frie­di­gung für derzeit arbeits­lose Stasi­spitzel? Schauen wir genauer hin….

Die Fa. Steuerverrat GbR übernimmt alle notwendigen Schritte für Sie. Wir werten Ihre (anonymisierten) Beweise aus und bieten Ihr Wissen den Finanzbehörden an. Wir handeln streng vertraulich.

Und: Wir arbeiten ausschließlich auf Erfolgsbasis. Von den erzielten „Belohnungen“ behalten wir lediglich einen Anteil von 15% – der Rest ist für Sie.

Da stockt einem der Atem. Ist das legal? Belohnungen müssen doch konkret „ausgesetzt“ werden, wobei klar benannt ist, wann der Belohnungsfall eintritt. Etwa bei „Hinweisen, die zur Ergreifung der Täter führen“ – eine Formulierung, die einigen von uns aus den 70ern noch sehr vertraut ist. Aber andererseits… daß hier ein Markt bereitsteht, den man beackern kann, wissen wir spätestens, seitdem Preise durchsickern, wir erinnern uns

Es stand schon vor einem Monat in der Welt. Dort ist auch nach­zu­lesen, dass es keines­wegs neu ist, daß man via Inter­net Steuer­sünder ver­pfeifen kann. Neu ist ledig­lich, daß man nun dafür viel­leicht Geld bekommt. Aber ist das alles nun illegal? Wohl kaum, Straf­täter ein­zu­liefern, um sich Vor­tei­le zu ver­schaf­fen, kann ja wohl schlecht ver­boten werden. Dafür Be­lohn­un­gen zu ver­lan­gen schon eher. Doch die Drohung, Mit­wisser ohne Be­lohnung einfach durch Beuge­haft ge­sprächig zu machen ist zahn­los – die Daten werden anonym­i­siert und nur über Rechts­an­wäl­te wei­ter­ge­lei­tet. Und wenn das auch nicht geht, kommen eben keine Daten mehr und der Staat muß wieder über­teuerte CDs vom BND an­kaufen lassen.

Das schlimme ist also nicht, daß so ein Block­wart­sy­stem juristisch heute mög­lich ist. Das schlimme ist die Moral oder das Fehlen einer solchen da­hinter, denn jedem sollte es ein Be­dürfnis sein, Straftaten bereits im Interesse der Ge­sell­schaft zu ver­hin­dern und, ist dies nicht mög­lich, sie hilfs­weise nur auf­zu­decken. Das ist nicht nur eine Frage der Qualität der Ge­sell­schaft, es ist auch die Frage, bei welchen Delikten eine Gesell­schaft den Konsens in der Ab­lehnung erreicht hat.

Das schlimmste ist ergo, daß es das Thema überhaupt gibt, und das liegt daran, dass es so viele Steuer­sünder gibt.

Mehr Steuer­ge­rechtig­keit, sinn­vollere und trans­parentere Ver­wen­dung von Steuer­geldern, Stärkung oder gar Schaf­fung staats­bür­ger­lichen Bewußt­seins – und schon gibt es für solch dubiose Firmen nichts mehr zu tun. Das ist aber in weiter Ferne, denn schon gibt es einen erfolg­ver­spre­chen­den Ab­leger der Firma,

kartellverrat.de

 

Ein Kommentar zu “Lukrativer Beruf: Hilfssheriff”

  1. Johann Hero sagt:

    Bei aller Anrüchigkeit: Das der Staat prinzipiell bereit ist, Belohnungen für Denunzianten zu zahlen, steht seit der „Liechtenstein-Kieber-DVD“ Affäre fest. Jetzt kann man anderen Denunzianten Belohnungen schlecht verwehren. Wo bliebe da die Gerechtigkeit? Immerhin gilt immer noch das Gleichbehandlungsprinzip.

    Vielleicht (hoffentlich!) wird die Regierung nun gezwungen, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen. Die Frage ist, ob, wie, von wem, unter welchen Bedingungen und für wie viel Geld der Staat Informationen prinzipiell kauft. Unter dem Druck der Öffentlichkeit wird die Politik dann möglicherweise eine komplette Absage an dieses Konzept erteilen.

    Weniger kritisch sehe ich das Thema „Kartellverrat“. Angesichts der wie von Zauberhand überall gleich steigenden Preise für Energie, Kaffee etc. liegt der Verdacht schon sehr nahe, dass es jede Menge illegale Absprachen zwischen den großen „Playern“ gibt. Die Mitwisser schaden sich selbst, wenn sie reden (der Job ist dann wohl weg). Hier könnten Belohnungen wirklich Sinn machen – das Kartellamt könnte diese Hinweise sicher gut gebrauchen. Ob man aber dazu einen „Makler“ braucht… bei einer gesetzlichen Regelung der Belohnung könnten sich Informanten auch direkt an die Behörden wenden.

    Ich glaube eigentlich nicht an den wirtschaftlichen Erfolg der Firma „Steuerverrat“ – aber möglicherweise dient das provokante Auftreten letztlich der raschen politischen Richtungsfindung. Und das ist meiner Meinung nach wirklich notwendig.

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