Liechtenstein reloaded
Es steht im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung:
Weitere Steuerhinterzieher geraten ins Visier
Die Steueraffäre weitet sich aus: Eine Hamburger Anwältin hat dem Bundesfinanzministerium Daten über 2325 deutsche Anleger angeboten.
Was will sie dafür haben? Sie hat einen Mandanten, gegen den ein Verfahren läuft wegen fortgesetzter Erpressung. Wenn man den vielleicht mit einer Bewährungsstrafe davonkommen ließe…
Nun, das sollte der Staat schon in Erwägung ziehen. Wir kämen so ja wohl deutlich billiger weg als im Standardspitzeltarif, welcher, wie man hört, bei 5 Millionen liegt. Vor Steuern. Sollte? Man muss natürlich prüfen: Darf man dieses Angebot überhaupt ausschlagen?
Der erste Anbieter war ja auch ein Erpresser, wenngleich ein erheblich erfolgreicherer. Der neue Erpresser steckt tief in der Patsche, es wurde gegen ihn Sicherungsverwahrung beantragt, so böse ist die Gesellschaft – sind wir – mit ihm. Ich wusste ja gar nicht, dass man nicht mal jemanden totschlagen muss, um in den Genuss fortgesetzter staatlicher Fürsorge über die eigentliche Strafe hinaus zu kommen. Also erfolglos, er sitzt ein, im Gegensatz zu seinem Kollegen mit den fünf Millionen. Aber genügt das schon, ihn aus Gründen der Qualifikation bei der Auswahl zu übergehen?
Die fünf Millionen gab es für 1000 Datensätze. Der neue Lieferant sticht das locker aus, 2535 Datensätze zum Schnäppchenpreis! Nicht einmal Geld wollte er, nur eine Abmilderung seiner Strafe. Ganz risikolos ist es sicher nicht, das Angebot nicht zu nehmen. Ich hoffe, es wurde zumindest geprüft, ob hier nicht gegen das Gleichbehandlungsgesetz AGG (volkstümlich „Antidiskrimierungsgesetz“) verstoßen wurde:
§ 2 Anwendungsbereich
(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:
1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
Eine selbständige Erwerbstätigkeit liegt vielleicht nicht vor, er will ja nur wieder raus aus dem Gefängnis, aber was, wenn die Anwältin noch auf die Idee kommt, nur 500.000 € zu verlangen? Das wäre doch schon ganz nett für eine Ich-AG im ersten Jahr. Wer nun glaubt, diese Prüfung sei abwegig, der sehe sich an, was in einem Unternehmen wie meinem für ein Aufwand getrieben werden muss, um jederzeit nachweisen zu können, wovon ein Ehrenmann bis jetzt glaubte, einfach ausgehen zu können.
Aber wir kommen von Thema ab. Es gibt also offensichtlich einen öffentlichen Markt für Diebesgut und Erpressermaterial, als Käufer tritt direkt oder indirekt unser Staat auf. Interessanter Einwand meiner Frau: Die bezahlen für eine Leistung? Dann müsste eben diese ohnehin ausgeschrieben werden! Vielleicht im Staatsanzeiger.
Zeit für ein Gleichnis, ich muss die ganze Zeit an einen uralten Witz denken: Sagt ein Mann zu einer sehr hübschen Frau „Sagen Sie, gnädige Frau, wenn ich Ihnen 1o Millionen Euro gäbe, würden Sie dann mit mir schlafen“. „Ja“ entgegnet sie nach kurzem Zögern, worauf er nachhakt „und für einen Zwanziger?“. Sie ist entrüstet: „Wofür halten Sie mich?!?“ und er „Das, Puppe, haben wir bereits geklärt, es geht nur noch um den Preis“.
Soll heissen, es darf uns nicht wundern, wenn wir noch mehr so Angebote bekommen wie das der Anwältin aus Hamburg. Aber das hat auch ein Gutes, der erstarkende Spitzelmarkt sorgt ja sicher
für eine Senkung der Preise.
Freitag 18. Juli 2008 um 16:19
[…] Da stockt einem der Atem. Ist das legal? Belohnungen müssen doch konkret “ausgesetzt” werden, wobei klar benannt ist, wann der Belohnungsfall eintritt. Etwa bei “Hinweisen, die zur Ergreifung der Täter führen” – eine Formulierung, die einigen von uns aus den 70ern noch sehr vertraut ist. Aber andererseits… daß hier ein Markt bereitsteht, den man beackern kann, wissen wir spätestens, seitdem Preise durchsickern, wir erinnern uns… […]
Dienstag 2. Februar 2010 um 19:13
[…] die Treibjagd ist eröffnet, vom 16.2.2008. oder Ein Anruf aus Liechtenstein, vom 26.2.2008, oder Liechtenstein reloaded, vom […]