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Die Freiheit der Meinung setzt voraus, daß man eine hat (Heinrich Heine)

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Dienstag 26. Mai 2009

Es ist schon intolerant, von Toleranz zu sprechen.
Honoré Gabriel de Riquieti Graf von Mirabeau

 

Strafverschärfung

ecriHoffentlich steht meine Einstellung zum Rassismus außer Frage. Die Ablehnung von Rassismus halte ich in Deutsch­land für common sense. Um so er­staunter las ich auf sueddeutsche.de:

In Deutschland wird noch zu wenig gegen die Dis­kri­mi­nie­rung von Aus­ländern und Min­der­hei­ten getan. Zu diesem Schluss kommt die Kom­mis­sion gegen Rassis­mus und In­toleranz des Europa­rats in einem Be­richt, der an diesem Dienstag vor­ge­stellt wird. Haupt­schwä­chen sehen die un­ab­hän­gi­gen Ex­perten im deut­schen Straf­recht und im Justiz­wesen. Sie fordern die Bundes­re­gie­rung „drin­gend“ auf, rassi­sti­sche Motive bei all­ge­mei­nen Ver­bre­chen im Straf­recht be­son­ders zu er­wäh­nen und straf­ver­schär­fend zu be­rück­sich­tigen.

Wie bitte?Ich hatte bislang nicht den Eindruck, daß der Rassismus in Deutsch­land be­son­ders ge­duldet würde. Im Gegen­teil. Be­son­ders in Deutsch­land sind doch Dis­kri­mi­nie­run­gen ge­sell­schaft­lich nicht toleriert, schon gar nicht solche mit rassi­sti­schem Hinter­grund. Und In­toleranz gegen­über In­toleranz ist selbst­ver­ständ­lich.

Aber ich grüble schon weiter: Was genau soll die Schwäche unseres Straf­rechts sein? Viel­leicht das, daß wir doch mei­stens ver­suchen, be­son­ders ge­recht zu sein. Und da wäre es wieder kontra­pro­duktiv, würde man bei­spiels­weise körper­liche Ge­walt bei­spiels­weise gegen Neger (rassi­sti­scher Hinter­grund) stärker be­stra­fen als kör­per­liche Ge­walt gegen Frauen (das nennt man hof­fent­lich nicht in­zwi­schen auch „rassi­sti­schen Hinter­grund“…). Man kann sogar noch einen Schritt weiter­gehen: rassi­sti­sche Über­griffe sind ata­vi­stische Ver­haltens­weisen. Xeno­phobie ist durch­aus ein evolu­tio­näres Er­folgs­modell ge­we­sen. Erst infolge zivi­li­sa­to­ri­scher Er­run­gen­schaften ver­dam­men wir so ein Ver­halten (zu Recht!). Gewalt gegen Frauen hin­ge­gen ist eine sozio­pathische Aktion, weder in der stein­zeit­li­chen Horde, noch in der Neu­zeit zu ent­schul­di­gen. Gewalt gegen Kinder: dito. Ich finde unser an dieser Stelle er­freu­lich un­politi­sches Recht durch­aus ver­tei­di­gens­wert.

Andererseits ist das so eine Sache, einer leibhaftigen Kommission des Europa­rats wider­spricht man nicht leicht­herzig. So geht der Artikel weiter:

Richter, Staatsanwälte und Polizisten müssten intensiver ausgebildet und dazu angehalten werden, die Anti-Rassismus-Gesetze in der Praxis auch anzuwenden und nicht zu eng auszulegen. Vor deutschen Gerichten gelte häufig nur derjenige als Rassist, der Kontakt zur rechtsextremen Szene habe, meint die Kommission. Als Antwort auf mögliche Ausländerfeindlichkeit in den Reihen der Polizei müsse eine „unabhängige Aufklärungsinstanz“ geschaffen werden.

Richter in Deutschland sind immer noch unabhängig. Sie anzuhalten, irgend­welche Gesetze auf irgend­eine be­son­dere Art aus­zu­legen, rüttelt an den Grund­festen meiner Über­zeugung. Daß ein Gericht sich leichter tut, ein Mitglied der rechts­radi­kalen Szene des Rassis­mus für über­führt zu halten als bei einem un­organi­sier­ten Hooli­gan könnte seinen Ur­sprung darin haben, daß man gerne Beweise sieht, vor allem als Richter. Mit­glied­schaft in einer Wehr­sport­gruppe ist als Be­weis­vor­stufe schon mal nicht schlecht. Und mit dem letzten Satz des Ab­satzes endet meine Toleranz end­gültig. Eine von der Polizei „un­ab­hängige Auf­klärungs­in­stanz“? Was da steht, ist eine un­glaub­liche Unter­stel­lung.

Man kann auch das ganze Original lesen. Es liegt ge­schmack­voller­weise nur auf Englisch vor. Dort findet man:

ECRI recommends that Germany facilitate the acquisition of German citizenship for all longterm residents and persons born in Germany in order to promote the integration of those residents who may wish to acquire German citizenship without relinquishing their own. 

Ob Deutschland Doppel­staats­bürger­schaften akzeptiert oder nicht kann man lang dis­ku­tie­ren. Man kann es wollen oder ab­lehnen, aber an einer Stelle herrscht doch hoffent­lich noch Über­ein­stim­mung: Das hat nichts zu tun mit Rassis­mus oder In­toleranz. Ich denke, wir sollten auf der­artige Empfeh­lungen solch einer Kom­mis­sion

verzichten.

 

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